Richter Thomas ist mittlerweile längstdienender Richter im US Supreme Court.

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Clarence Thomas spricht offensichtlich nicht gerne. Der konservative Richter am Supreme Court der USA ist dafür bekannt, in den Verhandlungen so gut wie keine Fragen zu stellen, in allen Verfahren zwischen 2006 und 2016 blieb er völlig stumm. Er selbst begründet das ungewöhnliche Verhalten damit, dass es sein Job sei, den Anwälten zuzuhören.

Der 74-Jährige stammt aus Pin Point in Georgia. Hier gibt es eine kleine Gemeinschaft afroamerikanischer Nachfahren von Sklaven, die Gullah als Erstsprache sprechen. Dabei handelt es sich um die einzige englischbasierte Kreolsprache in den USA mit Einflüssen aus verschiedenen afrikanischen Sprachen. Des Englischen nur ungeschliffen mächtig, wollte Thomas die Sprache erobern und begann ein Literaturstudium, das er "cum laude" abschloss. Anschließend studierte er in Yale Recht.

In seiner folgenden Karriere war Thomas unter anderem als Anwalt für Monsanto und als Richter am Bundesberufungsgericht tätig. 1991 wurde der Katholik von George Bush senior für den Supreme Court nominiert, um den Platz des ersten schwarzen Höchstrichters Thurgood Marshall einzunehmen. In den Anhörungen des Justizausschusses wurden Thomas’ Positionen zu Abtreibung und positiver Diskriminierung damals von den Demokraten zerpflückt, außerdem warf ihm seine ehemalige Mitarbeiterin Anita Hill sexuelle Belästigung vor. Thomas wehrte sich, warf den Demokraten Rassismus vor und sprach von "Hightech-Lynching für aufmüpfige Schwarze". Der Senat bestätigte ihn knapp, mittlerweile ist er der längstdienende Richter im Supreme Court.

Konservativ unter Ultrakonservativen

Und er ist die konservativste Stimme in einem ultrakonservativen Gerichtshof. Ob Abtreibung, Waffenbesitz oder Minderheitenrechte: Thomas’ Rechtsansichten gelten meist als extrem. Übertroffen wird er nur noch von seiner Frau, der weißen Anwältin Ginni Thomas, die Donald Trumps Wahlbetrugslügen aktiv unterstützte. Einen Interessenkonflikt sah ihr Mann darin nicht.

Nun kommt ein Skandal dazu, der ihm gefährlich werden könnte. Die Rechercheplattform Propublica schreibt, Thomas habe sich vom Immobilienmilliardär Harlan Crow zu teuren Reisen, Flügen im Privatjet und Yachtausflügen einladen lassen, ohne es wie vorgeschrieben zu melden. Allein eine Reise nach Indonesien soll eine halbe Million Dollar gekostet haben.

Thomas verteidigt sich – schriftlich. Er habe zu Beginn seiner Amtszeit Rat bei seinen Richterkollegen gesucht, die ihm gesagt hätten, dass derartige Privatreisen zulässig seien, wenn der Einladende in keinen Gerichtsfall verwickelt ist.

Eine Amtsenthebung gilt als unwahrscheinlich, aber gegen eine Strafanklage ist auch ein Höchstrichter nicht gefeit. (Michael Vosatka, 6.4.2023)