Ein undatiertes Handout-Foto zeigt Ding Jiaxi und Xu Zhiyong (links) zusammen in Guangzhou in der Zeit vor ihrer Verhaftung.

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Peking – Zwei bekannte Bürgerrechtler sind in China zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Volksgericht in der Stadt Linshu in der Provinz Shandong verurteilte den Rechtswissenschaftler Xu Zhiyong am Montag zu 14 Jahren Haft, während der Bürgerrechtsanwalt Ding Jiaxi zwölf Jahre erhielt. Das berichtete die im Exil in den USA lebende Frau von Ding Jiaxi via Twitter. Ihnen wurde "Untergrabung der Staatsgewalt" vorgeworfen.

"Die grausamen Urteile und Strafen, die gegen Xu Zhiyong und Ding Jiaxi verhängt wurden, zeigen die umfassende Feindseligkeit von Präsident Xi Jinping gegenüber friedlichem Aktivismus", sagte Yaqiu Wang von der in New York ansässigen Organisation Human Rights Watch. "Regierungen auf der ganzen Welt sollten sich dem Aufruf an die chinesischen Behörden anschließen, die beiden Anwälte unverzüglich und bedingungslos freizulassen."

Verfolgungskampagne gegen Anwälte

Das Gericht in Linshu gab sich auf Anfrage unwissend: "Wir wissen nichts über diesen Fall", sagte eine Sprecherin. Der Prozess fand im Juni 2022 in dem Gericht statt. Auf Twitter übte Ding Jiaxis Frau, Luo Shengchun, scharfe Kritik: "Sie trauen sich nicht, eine Gerichtsanhörung abzuhalten, trauen sich nicht, Zeugen aufzurufen und trauen sich neun Monate lang nicht, ein Urteil zu sprechen."

Die beiden Juristen, die schon früher in Haft gesessen sind, waren vor drei Jahren im Zuge einer Verfolgungskampagne gegen Anwälte und Aktivisten festgenommen worden. Der heute 55-jährige Ding Jiaxi wurde im Dezember 2019 festgesetzt, nachdem er gemeinsam mit Xu Zhiyong an einer Diskussion mit Bürgerrechtsanwälten und Menschenrechtsaktivisten in der Provinz Fujian teilgenommen hatte.

Human Rights Watch kritisiert Verfahren

Der heute 50-jährige Xu Zhiyong versteckte sich zunächst, wurde aber im Februar 2020 festgenommen. Der frühere Dozent an der Universität für Post und Telekommunikation in Peking war Mitbegründer eines heute verbotenen Rechtshilfezentrums und einer Gruppe, die sich Neue Bürgerbewegung nannte. Auch Ding Jiaxi, früher ein Geschäftsanwalt, spielte eine Rolle in beiden Gruppen. Wegen seines Aktivismus hatte Ding Jiaxi schon von 2013 bis 2016 in Haft gesessen – Xu Zhiyong ähnlich von 2014 bis 2018.

Auf Journalistenfragen nach den Urteilen sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking: "Mir ist die Situation nicht bekannt, aber ich kann Ihnen sagen, dass China ein Rechtsstaat ist und alle vor dem Gesetz gleich behandelt werden." Die chinesische Justiz behandle Fälle in Übereinstimmung mit dem Gesetz. Dagegen wies Yaiu Wang von Human Rights Watch darauf hin, dass der Prozess geheim abgelaufen sei. Es habe verfahrenstechnische Probleme gegeben. Auch wies sie auf Berichte über die Misshandlung beider Inhaftierter hin.

"Pekings Behandlung der bekanntesten Menschenrechtsverteidiger des Landes sollte ein Realitätscheck für ausländische Staats- und Regierungschefs sein, die es eilig haben, mit Peking zum normalen Geschäft zurückzukehren", sagte Wang offenbar auch mit Blick auf den jüngsten Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in China. "Die internationale Gemeinschaft muss denen beistehen, die den höchsten Preis zahlen, indem sie für die Rechte aller in China kämpfen." (APA, 10.4.2023)