Das chinesische Staatsfernsehen übertrug Bilder der Übung um Taiwan.

Foto: REUTERS/Tingshu Wang

Dass die chinesische Führung in Sachen Drohgebärden gegenüber Taiwan noch ein Schäufelchen nachlegen kann, hat sie in den vergangenen drei Tagen bewiesen. Zum ersten Mal war einer der beiden chinesischen Flugzeugträger Teil von militärischen Übungen rund um Taiwan.

Die demokratisch selbstverwaltete Insel ist aus Sicht Pekings ein Teil Chinas, eine Reise der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen nach Süd- und Nordamerika sah die Führung deshalb als Provokation.

Vor allem das Treffen mit der Nummer drei der USA – dem Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy – nahm China zum Anlass, um seine militärische Macht zu demonstrieren. Und damit Taiwan daran zu erinnern, dass Peking jederzeit bereit sei, die Insel mit Gewalt enger ans Festland zu binden. US-Präsident Joe Biden hat mehrfach festgestellt, dass die Vereinigten Staaten der Insel in dem Fall auch militärisch zur Seite stehen würden. Andere Stimmen aus dem Weißen Haus haben aber ebenso mehrfach nachgelegt, dass sich an der "Ein-China-Politik" nichts geändert habe. Wie die USA tatsächlich auf einen chinesischen Angriff reagieren würden, ist unklar. Montag lenkten sie jedenfalls das Kriegsschiff USS Milius in die Nähe eines von China beanspruchten Riffs.

Jets von Flugzeugträger

Drei Tage lang dauerten die jüngsten Übungen der chinesischen Volksbefreiungsarmee, die diesmal trainierte, die Insel von der Außenwelt abzuschneiden. Am Montag berichtete das taiwanische Verteidigungsministerium, dass binnen 24 Stunden vier chinesische Kampfjets des Typs J-15 in den selbst definierten Pufferbereich außerhalb des taiwanischen Luftraums eingedrungen sind.

Bei dem J-15 handelt es sich um ein Kampfflugzeug, das für den Einsatz auf Flugzeugträgern entwickelt worden ist. China hat offenbar unter anderem einen Angriff von Osten auf die Insel simuliert und nicht von westlicher Seite aus, wo das chinesische Festland liegt.

Peking bestätigte, dass der Flugzeugträger Shandong an den Übungen "teilgenommen" habe. Dieser liegt im westlichen Pazifik, rund 320 Kilometer von Taiwan entfernt. Die Kampfflieger seien mit scharfer Munition beladen gewesen, heißt es aus Peking, und hätten "multiple Angriffswellen auf wichtige Ziele" auf der Insel simuliert.

Bestätigung in Tokio

Insgesamt sollen dutzende Flieger die inoffizielle Grenzlinie zwischen der Insel und dem Festland überflogen haben. Diese soll eigentlich einen Sicherheitsabstand zwischen den Militärs festlegen, damit es zu keinen Missverständnissen kommen kann.

Auch die japanischen Streitkräfte beobachteten die chinesischen Übungen in ihrer Nachbarschaft genau. Die japanische Insel Yonaguni liegt nur etwas mehr als 100 Kilometer von Taiwan entfernt. Der militärische Führungsstab bestätigte in einer Aussendung, dass man 80 Starts und Landungen von Kampfjets auf dem Flugzeugträger Shandong registriert habe. Japan selbst habe deshalb Flugzeuge in die Luft geschickt.

Frankreichs Reaktion

Am Montagnachmittag erklärte China die Übungen vor Taiwan für abgeschlossen. Ein Sprecher der Armee bekräftigte im Anschluss, dass die chinesischen Streitkräfte allzeit bereitstünden, um jede Form von "Taiwans Unabhängigkeit" und ausländische Einmischungen zu verhindern.

Aus dem Konflikt raushalten will sich auf jeden Fall Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der kurz vor Beginn der Militärübungen den chinesischen Staatschef Xi Jinping besucht hatte. Auf dem Rückflug aus der südchinesischen Metropole Guangzhou sagte Macron zu Journalisten, dass sich die Europäer fragen müssten, ob es in ihrem Interesse sei, eine Krise auf Taiwan "zu beschleunigen". Macron antwortete mit: "Nein. Das Schlimmste wäre zu denken, dass wir Europäer zu Mitläufern bei diesem Thema werden müssen und dem US-amerikanischen Duktus oder der chinesischen Überreaktion folgen müssen." Europa müsse seine eigene Position vertreten. Welche das ist, ließ er offen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen, die ebenfalls in China gewesen war, sprach jedoch eine deutliche Warnung vor einem chinesischen Angriff aus: "Niemand sollte in dieser Region den Status quo einseitig durch Gewalt ändern." (Bianca Blei, 10.4.2023)