Warnung an die Medienpolitik für das gerade verhandelte ORF-Gesetz: Kronehit-Geschäftsführer Philipp König.

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Im Visier der Privatsender: Ö3 und sein Chef Georg Spatt.

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Über Ostern liefen die Koalitionsverhandlungen über ein neues ORF-Gesetz weiter – die geplante Haushaltsabgabe unabhängig vom Empfang muss bis Ende 2023 geregelt sein, wenn die bisherige GIS-Regelung ausläuft. Philipp König, Geschäftsführer des Privatsenders Kronehit und früher selbst im ORF und danach Medienexperte im Kanzleramt, gab den Verhandlern eine Erinnerung mit auf den Weg: Würden die Interessen der Privaten nicht angemessen berücksichtigt, drohe eine neuerliche EU-Wettbewerbsbeschwerde.

König schreibt auf Linkedin von der "Chance, die Aufgaben zwischen ORF und dem privaten Sektor stärker voneinander abzugrenzen und Chancengleichheit zu schaffen". Aber: "Ohne eine für alle Seiten akzeptable Lösung wird sich wohl ein Teil der Geschichte mit ungewissem Ausgang wiederholen" – an dem Punkt verlinkt König auf die Entscheidung der EU-Kommission zu den österreichischen GIS-Gebühren von 2009 (formal ein Kompromiss mit der Republik Österreich mit vielen Vorgaben für ORF-Regelungen).

EU-Beschwerde von Privatsendern

Das aktuelle ORF-Gesetz geht auf eine solche Beschwerde von privaten Medien gegen die Republik Österreich zurück. Es schreibt vor, dass der ORF Rundfunkgebühren wie die GIS oder den künftigen "ORF-Beitrag" nur für die Erfüllung des gesetzlich definierten öffentlichen Auftrags verwenden darf. Das Gesetz von 2010 verlangt auch, dass eine unabhängige Medienbehörde (die KommAustria) den ORF-Finanzbedarf für öffentlich-rechtliche Aufgaben und die Gebührenhöhe prüft. Auch Beschränkungen für ORF-Onlineangebote gehen auf das EU-Verfahren – und Forderungen privater Medien – zurück.

König verlangte in einem Kommentar auf Linkedin zur Einigung auf die Haushaltsabgabe etwa einen klarer definierten Auftrag für den ORF. Die Vorgaben müssten – eine langjährige Forderung der Privatsender – nicht für das Gesamtangebot des ORF, sondern für jeden einzelnen Kanal gelten. Also etwa auch für das sehr kommerziell ausgerichtete Ö3, das etwa mit Gewinnspielen und Plakatkampagnen beworben wird. Ö3 spielt etwa ein Viertel aller klassischen ORF-Werbeeinnahmen ein. Ö3 hat rund 36 Prozent Radio-Marktanteil beim Werbepublikum – alle größeren Privatradios zusammen haben mit 39 Prozent den ORF-Kanal erst 2022 erstmals deutlich überholt.

Werbebeschränkungen

Der Kronehit-Geschäftsführer verlangt zudem etwa Transparenz über Herkunft und Verwendung der Mittel des ORF. "Strenge Transparenzkriterien" verlangt er auch für die Werbetätigkeit des ORF.

Er plädiert für eine Beschränkung der Werbemöglichkeiten des ORF zugunsten Privater – im Radio jedenfalls war eine solche Beschränkung nach STANDARD-Informationen Gegenstand von Verhandlungen der Privatsender mit dem ORF und galt schon 2022 als akkordiert.

"Einmalige Chance"

König sieht in der Einigung auf die Haushaltsabgabe "eine einmalige Chance, dem ORF die Aufgaben zuteilwerden zu lassen, die nicht bereits durch den privaten Sektor sehr erfolgreich abgedeckt werden. Abseits des kommerziellen Drucks prüft der ORF dann seine Angebote vielleicht hinkünftig nicht mehr auf deren wirtschaftlichen Erfolg, sondern auf deren gesellschaftlichen Mehrwert." (Harald Fidler, 11.4.2023)