Das Urgestein der Wiener SPÖ, Harry Kopietz, soll mit der 20-köpfigen Wahlkommission über die Mitgliederbefragung wachen. An seiner Vorsitzführung gab es bereits von anonymer Seite Kritik. Man traut ihm im Führungsstreit nicht die notwendige Überparteilichkeit zu.

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Schnell machte am Dienstag ein Gerücht die Runde, wonach das rote Führungsduell auf einen Dreikampf zwischen der amtierenden Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil und dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler hinauslaufen dürfte. Die anderen 70 Kontrahentinnen und Kontrahenten sollen mitunter die notwendigen 30 Unterstützungserklärungen nicht geschafft oder sich nicht zurückgemeldet haben.

Am frühen Nachmittag erfolgte schließlich die Bestätigung durch den Vorsitzenden der roten Wahlkommission, Harry Kopietz. Wobei Kopietz Rendi-Wagner mit einem Versprecher als "Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende" vorstellte. Das ist auch deshalb interessant, weil gegen das Urgestein der Wiener SPÖ anonym Gerüchte gestreut wurden, wonach es ihm als Kommissionleiter an Überparteilichkeit mangeln könnte. Kopietz will sich deshalb nicht an der Befragung beteiligen, um diesen Anschein gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Online oder per Post

Die roten Mitglieder können über zwei Wege abstimmen: entweder über einen Fragenbogen, der per Post zugestellt wird, oder via Internet. Wie kann verhindert werden, dass doppelt abgestimmt wird? "Sollte jemand zweimal abstimmen wollen, zählt der Fragebogen und nicht der mit Internet eingelangte Stimmzettel", sagte Kopietz. Die Mitgliederbefragung werde zudem durch einen Notar und einen IT-Experten begleitet. "Ich bin überzeugt davon, dass wir spätestens am 22. Mai ein Ergebnis vorliegen haben werden."

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DER STANDARD

Was passiert, wenn es kein eindeutiges Ergebnis bei der Befragung gibt, etwa eine Stichwahl, beantwortet Kopietz so: "Der Prozess ist eindeutig, eindeutig ist eine Stimme mehr." Dass sich noch andere rote Mitglieder am Parteitag um die Spitze bewerben könnten, schließt Kopietz nicht aus. Das sei per Statut möglich. Auch eine Stichwahl am Parteitag lasse das Statut zu. Das gesamte Prozedere, von der Befragung bis zum Sonderparteitag, soll "mehrere hunderttausend Euro" kosten.

Präsidium und Vorstand tagen am Donnerstag

Dass diese Woche, also bereits nach Ostern, auch noch geklärt werden muss, wer die Auszählung der Befragung durchführen wird, sorgt für Kritik innerhalb der Kommission. "Die Löwelstraße hat den ganzen Prozess suboptimal vorbereitet", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, die Steirerin Michaela Grubesa, im Vorfeld der Sitzung zum STANDARD. Am Donnerstag werden dann wieder das Präsidium und der Vorstand der SPÖ tagen. Dabei soll der Termin für den Sonderparteitag am 3. Juni fixiert werden.

Bei der Befragung werden rund 148.000 rote Mitglieder wahlberechtigt sein. Sie läuft von 24. April bis 10. Mai. Ein Sonderparteitag mit 650 roten Delegierten soll dann die endgültige Entscheidung darüber bringen, wer die SPÖ als Spitzenkandidatin oder Spitzenkandidat in die nächste Nationalratswahl führen wird. (Jan Michael Marchart, 11.4.2023)

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