Olga Karlovac

Im Gastblog stellt Stefan Czurda das Werk einer zeitgenössischen Fotografin vor, die mit Bewegungsunschärfe und starken Kontrasten arbeitet und ausschließlich in Schwarz-Weiß ablichtet.

In meinem heutigen Beitrag möchte ich die kroatische Fotografin Olga Karlovac vorstellen, die durch ihren atmosphärischen Fotostil in den letzten Jahren ein weltweites Publikum für sich begeistern konnte.

Und das absolut zu Recht, denn Karlovacs einzigartige Porträts und ihre verträumten urbanen Szenen, die in Zagreb und Dubrovnik entstanden sind, strahlen eine melancholische Schönheit aus und laden dazu ein, sich in ihren Fotos zu verlieren. Die Fotos von Olgas Karlovac können auf ihrer Webseite und ihrer Instagram-Seite betrachtet werden, allerdings wählt die Künstlerin ihre selbstproduzierten Fotobücher als präferierten Präsentationsstil, um mit ihren Bildern eine komplette Geschichte erzählen zu können.

Ich habe das Schaffen von Karlovac schon eine Zeitlang verfolgt und bewundert und mich dann an sie mit ein paar persönlichen Fragen zur ihrer Fotografie gewandt. Ihre Ausführungen möchte ich im Kontext ihrer fotografischen Werke im folgenden Beitrag hier auf meinem Gastblog zusammenfassen.

Stilfindung und Inspiration

Olga Karlovac beschreibt ihre Fotografie als intuitiv und abstrakt, auch als expressionistisch, allerdings auf Gefühlsebene vor allem als einen Zustand des "sich frei Fühlens" und den Wunsch, sich mit allem um sich herum zu verbinden. Ihr Stil ist ausdrucksstark und fesselnd. Die Künstlerin fotografiert ausschließlich in Schwarz-Weiß und verwendet Bewegungsunschärfe sowie starke Kontraste in ihren Fotos.

Atmosphärischer Fotostil
Foto: Olga Karlovac
Bewegungsunschärfe
Foto: Olga Karlovac
Starke Kontraste
Foto: Olga Karlovac

Atmosphärischer Fotostil

Ihre Stilfindung erfolgte spontan, denn schon früh in ihrem kreativen Schaffen fing sie an, Bewegungen einzufangen und mit längeren Belichtungszeiten zu arbeiten. Ebenso nutzt sie natürliche Filter wie Regen und beschlagene Fenster für ihre verträumten Fotos.

Natürliche Filter
Foto: Olga Karlovac

Sich in ihrem charakteristischen Stil auszudrücken hat sich für Olga Karlovac richtig angefühlt und mit ihrer Fotografie repräsentiert sie die Welt, wie sie sie selbst sieht und wahrnimmt. Die Fotografin liebt Künstler wie William Kentridge und Käthe Kollwitz, liest aber auch Bücher, die ihre Fantasien anregen, und lässt sich durch expressionistische Maler inspirieren.

Vom Wirtschaftsberuf zur gefragten Künstlerin

Schon als Kind liebte sie Fotografie. Sie erinnert sich daran, dass ihr Vater ihr eine analoge Kamera kaufte und sie Geld für ein Objektiv sparen musste. Sie war damals 13 Jahre alt, hörte allerdings zum Fotografieren auf, als sie mit dem Studium begann.

Erst Mitte ihrer Dreißiger fand sie zurück zu ihrem Hobby, als ihr eine Freundin empfahl, wieder eine Kamera zu kaufen und als Ausgleich zu ihrem Wirtschaftsberuf wieder mit dem Fotografieren anzufangen, was Olga Karlovac auch tat. Erneut zu fotografieren fühlte sich für sie richtig gut an. Schritt für Schritt entwickelte Karlovac ihren Stil, für den sie heute bekannt ist, und ihr Leben fühlte sich viel besser an als in ihrem Wirtschaftsberuf.

Das Arbeiten an ihren Fotobüchern war allerdings ein langer und langsamer Prozess. Olga Karlovac verbrachte fünf Jahre damit, ihre Fotobuch-Trilogie abzuschließen. Heute beschreibt sie diese Zeit als eine Reise. Als sie ihr erstes Buch "before winter" im Selbstverlag veröffentlichte, beschloss sie, eine Auflage von 300 Büchern aus eigener Kasse zu finanzieren, was für sie ein sehr gewagter Schritt war.

Ihre Bücher begannen sich nach und nach zu verkaufen und sie bekam viele Anfragen für Interviews und für die Ausstellung ihrer Werke. Und so führte eines zum anderen und mit den Erlösen ihrer Fotobücher und Ausstellungen begann sie ihre Rechnungen zu bezahlen.

Wer sind die abgebildeten Personen?

Auf die Frage, wer die Personen auf ihren Fotos sind und wie die Fotografin ihnen auf der Straße begegnet, antwortete Olga Karlovac:

"Es sind Fremde, die meine Wege kreuzen. Ich plane nichts, es passiert intuitiv."

"Ich fotografiere viel in Bewegung, durch verregnete, beschlagene Fenster, während der Fahrt in der Straßenbahn oder im Auto."

"Meine Fotos passieren einfach, ich entdecke und fotografiere ohne mich direkt anzunähern. Ich bin ein ziemlich schüchterner Mensch".

"Manchmal mache ich Selbstporträts oder fotografiere Menschen, die mir nahe stehen, oft als Spiegelbild und auf eine ziemlich abstrakte Art und Weise".

Personen auf Olgas Fotos
Foto: Olga Karlovac

Passion für Fotobücher

Olga Karlovac liebt Bücher und präsentiert ihre Werke, wie schon zu Beginn angesprochen, am liebsten in Form von Fotobüchern.

"Für mich ist Fotografie dafür gemacht, auf Papier gedruckt zu werden, besonders in Form eines Fotobuchs".

"Bücher sind tastbar, haben einen Geruch und Schichten von schwarzer Tinte".

"Gedruckte Bilder auf Papier erzählen Geschichten. Für mich geben Fotobücher der Kunst so viele weitere Dimensionen und es ist etwas, das in einer physischen Form überdauert und nicht nur eine Datei auf einem Bildschirm ist".

"Fotobücher sind für mich ein Kunstwerk für sich".

Fotobuch Herstellung
Foto: Olga Karlovac

Die Künstlerin sieht ihre Fotobuch-Trilogie "before winter" – "the disarray" – "escape" als "ein schriftliches und visuelles Statement, eine reflektierende, abstrakte und fantasievolle Erinnerung – ein Symbol" und nennt sie "eine Erinnerung und ein Tagebuch meines Lebens und der Gefühle, die mich auf diesem Weg begleitet haben".

Fotobuch-Trilogie: "before winter – the disarray – escape"
Foto: Olga Karlovac

Pläne für ihre Zukunft

Olga Karlovac bereitet derzeit zwei Ausstellungen vor, eine im Juni in London in der Galerie Fitzrovia und eine weitere im Mai in Zagreb in der Galerie Modro. Da ihr letztes Buch "escape" vor fast zweieinhalb Jahren veröffentlicht wurde, ist die Künstlerin gerade dabei, Neues zu fotografieren. Die Fotografin hofft, dass sie bis zum Ende des Jahres fertig wird, sagt aber auch, dass "man Kunst nicht hetzen kann, also habe ich (Olga Karlovac) es nicht eilig".

Selbstporträt von Olga Karlovac
Foto: Olga Karlovac

Ich bedanke mich herzlich bei der Künstlerin für das Beantworten meiner Fragen und hoffe, dass Sie ebenso wie ich in die verträumte Welt von Olga Karlovac eintauchen konnten und ich Sie mit diesem Beitrag für die großartigen Werke der kroatischen Künstlerin begeistern konnte.

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über Feedback in den Kommentaren und über eine Unterstützung meines Instagram-Profils. (Stefan Czurda, 21.4.2023)