US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede am Mittwoch bei der Eröffnung eines neuen Campus der Ulster-Universität in Belfast.

Foto: APA/AFP/JIM WATSON

Mit einem eindringlichen Appell an den Friedenswillen und die Kompromissbereitschaft der Nordiren hat Joe Biden seinen Besuch in Irland begonnen. "Jede Generation muss neu für die Erhaltung der Demokratie kämpfen", sagte der US-Präsident am Mittwoch bei der Eröffnung eines neuen Campus der Ulster-Universität in Belfast. Das Friedensabkommen vom Karfreitag 1998, dessen 25. Jahrestag diesmal auf den Ostermontag fiel, habe den britischen Teil der Grünen Insel komplett verändert. Die USA würden auch in Zukunft als Partner zur Verfügung stehen: "Der Friede hier ist uns und mir persönlich wichtig."

Dienstagabend war Biden vom britischen Premier Rishi Sunak begrüßt worden. Nach schwierigen Jahren im US-britischen Verhältnis hat sich dieses zuletzt entspannt. Dazu trug auch die kürzlich erzielte Einigung zwischen London und Brüssel über den zukünftigen Status von Nordirland im "Windsor-Vertrag" bei. Damit sollen die schlimmsten Brexit-Folgen gelindert werden, was die USA immer wieder gefordert hatten.

"Spannendste Wirtschaftszone"

US-Unternehmen gehören zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region, im vergangenen Jahrzehnt waren sie für 13.000 neue Arbeitsplätze verantwortlich. Sunak preist Nordirland stets als "spannendste Wirtschaftszone der Welt" an: mit der Sonderstellung im EU-Binnenmarkt bei gleichzeitigem Verbleib im Vereinigten Königreich.

Biden erinnerte an seinen Besuch in Belfast 1991 als Senator. In den "langen, harten Jahren" seither sei zunächst das Blutvergießen beendet und der Weg zu dauerhaftem Frieden begangen worden. "Das war nicht zwangsläufig." Der Präsident zitierte ein Bonmot des früheren US-Senators und Moderators George Mitchell, er habe "700 Tage Misserfolg erlebt – und einen Tag Erfolg".

Nun gelte es, so Biden, die großen wirtschaftlichen Chancen des Windsor-Vertrages wahrzunehmen. Dem Lob für Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen folgte "als Freund" die Mahnung an die örtlichen Politiker: Diese sollten bald eine "effektive Regionalregierung, die den Nordiren verantwortlich ist", installieren.

DUP blockiert

Genau dies wird seit mehr als einem Jahr von der größten Unionistenpartei DUP verweigert. Offiziell dienen die weiterhin bestehenden Schwierigkeiten im innerbritischen Handel als Begründung; bei vielen Beobachtern aber besteht die Vermutung, die protestantischen Hardliner wollten nicht als Juniorpartner in die Allparteien-Regierung eintreten, die das Belfast-Abkommen vorschreibt. Bei der jüngsten Wahl hatte nämlich die republikanische Sinn-Féin-Partei erstmals die DUP hinter sich lassen können.

Die britischen Medien fokussierten sich vor allem auf die gerade mal 17 Stunden, die der Besucher auf dem Boden des Vereinigten Königreichs verbrachte. Unmittelbar nach seiner Rede flog Biden nach Dublin, um anschließend absurderweise sofort wieder gen Norden zu reisen: In der an Nordirland angrenzenden Grafschaft Louth trafen sich der Präsident, seine Schwester Valerie und sein Sohn Hunter mit entfernten Verwandten.

Nach politischen Terminen in Dublin am Donnerstag werden am Freitag erneut die irisch-katholischen Wurzeln des 80-Jährigen im Mittelpunkt stehen. Wie seine Vorgänger will der Präsident offenbar jene rund 35 Millionen US-Landsleute beeindrucken, die von irischen Immigranten abstammen. (Sebastian Borger aus London, 12.4.2023)