Eine Luftaufnahme des Pentagons in Washington.

Foto: REUTERS/JOSHUA ROBERTS

Das Dokument ist als "geheim" gekennzeichnet, was seine Weitergabe an ausländische Geheimdienste und Militärs verbietet. Laut diesem Dokument des US-Pentagon hat Serbien zugestimmt, Waffen in die Ukraine zu liefern. Das ist insofern brisant, als Serbien sich – obwohl es offiziell EU-Kandidat ist – nie den EU-Sanktionen gegen den Kreml angeschlossen hat, weiter enge Kontakte zum russischen Regime pflegt und dessen Propaganda übernimmt.

Das Dokument gehört zu Dutzenden Aktenstücken aus dem Pentagon, die in den letzten Wochen auf diversen Plattformen online gestellt wurden. Die serbische Regierung bestritt sofort, Waffen-Hilfe in die Ukraine zu schicken, gibt man doch in Belgrad offiziell an, "neutral" zu sein. Das serbische Verteidigungsministerium bezeichnete den Pentagon-Leak als falsch und auch die US-Botschaft in Belgrad, gab bekannt, dass Serbien keine Waffen an die Ukraine liefere.

Magisches Auftauchen

In einer Erklärung meinte der serbische Verteidigungsminister Miloš Vučević jedoch, es bestehe die Möglichkeit, dass in Serbien hergestellte Waffen in dem Konflikt "auftauchen" würden, dies habe aber "absolut nichts mit Serbien zu tun". Jemand wolle vielmehr Serbien in den Konflikt hineinziehen. Bislang gibt es keinerlei Beweise dafür, dass Serbien tatsächlich Waffen an die Ukraine geliefert hat.

Vor etwa einem Monat wurde per Telegram aber bereits ein Bericht über die Lieferung von Raketen eines serbischen Waffenherstellers vergangenen November in die Ukraine veröffentlicht. Der Waffenhersteller Krušik aus Valjevo bestritt die Lieferung. Auch das russische Medium Mash berichtete, dass Raketen von Krušik über Mittelsmänner in die Hände der ukrainischen Armee gelangt seien. Demnach wurden sie über die Türkei und die Slowakei gebracht. An der Lieferkette seien serbische, türkische und amerikanische Unternehmen beteiligt, unter anderem das US-Unternehmen Global Ordnance.

Handel trotz Sanktionen

Auch Balkaninsight berichtete im Vorjahr, dass zwei Unternehmen mit Verbindungen zu dem serbischen Waffenhändler Slobodan Tešić, Munition an sechs US-Firmen exportiert hätten, darunter an Global Ordnance. Merkwürdig ist: Tešić steht wegen Bestechung und Verletzung des Waffenembargos auf der Sanktionsliste der USA. Doch die Verbindungen zwischen Global Ordnance und Serbien sind verbrieft. Marc Morales, Präsident von Global Ordnance postete 2015 Fotos, auf denen er in der Zastava-Fabrik in Kragujevac Waffen testete.

Zudem gibt es in diplomatischen Kreisen auf dem Balkan bereits seit Monaten Diskussionen, dass dringend benötigte Munition für die Ukraine von westlichen Mächten auf dem Balkan aufgekauft werden könne. Es wird zudem die Sorge diskutiert, dass auch der Kreml dies machen könnte.

Flugzeugabsturz mit serbischer Munition

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im Juli vergangenen Jahres ein ukrainisches Flugzeug in Griechenland abstürzte, das 11,5 Tonnen in Serbien hergestellte Mörsergranaten und Minen an Bord hatte. Die acht Ukrainer an Bord verstarben. Die Munition explodierte auf dem Boden. Das Flugzeug war in der Stadt Niš in Südserbien gestartet. In Serbien tauchten Berichte auf, wonach Tešić hinter dem merkwürdigen Transport gesteckt habe – ein Mann der auch die Regierungspartei SNS pekuniär unterstützen soll. Das offizielle Bestimmungsland der Munition war jedenfalls Bangladesch.

Griechenland legte damals sowohl in der Ukraine als auch in Serbien Protest ein, weil man in Athen offenbar gar nicht gewusst hatte, was sich in dem Bauch der Antonov befand. Serbien ist einer der größten Waffenproduzenten Südosteuropas, die Industrie ist großteils im Besitz des Staates. Man exportiert in die Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch nach Zypern, die USA, Bulgarien und Saudi-Arabien. Allerdings darf Serbien nicht in Staaten exportieren, die in einen bewaffneten Konflikt involviert sind.

Minen nach Saudi-Arabien

2019 wurde jedoch bekannt, dass auch Islamisten im Jemen serbische Waffen verwendeten, der Deal lief offenbar über Saudi-Arabien. Auch in der Region Berg-Karabach und in Myanmar wurden serbische Waffen gesichtet. 2018 wurde publik, dass der Vater des damaligen serbischen Innenministers Nebojša Stefanović, Branko Stefanović einen Waffendeal zwischen dem serbischen Unternehmen Krusik und einem Käufer aus Saudi-Arabien vermittelte. Die Plattform Balkaninsight berichtete darüber. Die saudische Firma kaufte 60-Millimeter-Minen für nur 47 US-Dollar pro Stück, während Krušik dieselben Minen normalerweise für 52 US-Dollar pro Stück verkauft. (Adelheid Wölfl, 12.4.2023)