Wien – Es klingt ein bisschen wie aus einem österreichischen Kabarettprogramm. Just am von der ÖBB selbst ausgerufenen "Pünktlichkeitstag" konnte am Donnerstag in der Früh von Pünktlichkeit so gar keine Rede sein. Für rund eine Stunde fiel in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland der ganze Zugverkehr aus.

Dem nicht genug: Im Rahmen des Tages der Rechtzeitigkeit gab es einen Livestream, in dem ein Railjet von Wien nach Bregenz begleitet wird – inklusive Moderation und Interviews, angedacht war all das allerdings firmenintern. Der Link fand schnell den Weg ins Internet, und plötzlich schaute eine breite Öffentlichkeit zu. "Kategorie Super-GAU" nennt ÖBB-Chef Andreas Matthä den Clash des Ausfalls und des Pünktlichkeitstags. Im Übrigen hat auch dieser Zug Verspätung.

Grund für den Ausfall im Osten war eine Stellwerkstörung in Wien, teilte die ÖBB mit. Techniker seien schnell vor Ort gewesen, um die Systeme neu zu starten, betonte Pressesprecher Bernhard Rieder. "Die Strecken wurden 'step by step' wieder freigeschaltet." Im Fernverkehr sei im Laufe des Tages noch mit Verspätungen von bis zu 50 Minuten zu rechnen.

Die technische Störung war um 8.15 Uhr in einem Stellwerk in Wien aufgetreten. Aufgrund der Uhrzeit waren viele Pendler unterwegs und somit laut Rieder "sicher eine größere Anzahl an Fahrgästen" betroffen. Neben dem regionalen Frühverkehr stand aber beispielsweise auch der Railjet von Wien nach München vorübergehend still. Betroffen war vor allem der Raum Wien, hier stand der Großteil des Verkehrs still, erläuterte der Sprecher.

Das ganz große Chaos blieb jedenfalls aus. In Wien konnten ÖBB-Kundinnen und -Kunden auf die Wiener Linien ausweichen, die ihren Betrieb ganz normal fortgeführt haben. Somit blieb es im Großen und Ganzen bei ein paar grimmigen Gesichtern.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Was besagt das Arbeitsrecht, wenn Beschäftigte aufgrund der Störung daran gehindert werden, ihre Arbeitsplätze – zumindest rechtzeitig – zu erreichen? "Arbeitszeiten, die aufgrund einer völlig unvorhergesehenen Verkehrsstörung entfallen, müssen grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden", sagt die Arbeitsrechtsexpertin Kristina Silberbauer. Sie fallen unter "sonstige Dienstverhinderungsgründe" mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Beschäftigte sind allerdings verpflichtet, zumutbare andere Verkehrsmittel zu benützen, um an den Arbeitsplatz zu kommen.

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Und bei Gleitzeit?

Bei Gleitzeit-Arbeitenden sieht es etwas anders aus: "Hier entscheidet die vereinbarte fiktive Normalarbeitszeit, welche entfallenen Stunden als geleistete Arbeitszeit zu werten sind", sagt Arbeitsrechtsexpertin Silberbauer. Ein Beispiel: Für den Fall, dass eine Dienstverhinderung eintritt, wird für alle eine sogenannte fiktive Normalarbeitszeit, also eine genormte Arbeitszeit von 8 bis 16 Uhr, angenommen. Sollten Beschäftigte es aufgrund eines unvorhersehbaren Ereignisses erst um 10 Uhr in die Arbeit schaffen, wird die Zeit zwischen 8 und 10 Uhr als Arbeitszeit angerechnet – unabhängig davon, ob sie sonst meist schon um 7 Uhr zu arbeiten beginnen.

Das ganz große Chaos an den Bahnhöfen blieb aus. Was bleibt, ist ein amüsanter Nachgeschmack.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Der Pünktlichkeitstag

Wie steht es um die Pünktlichkeit? Im Fernverkehr seien laut Firmenchef Matthä knapp 82 Prozent der Züge pünktlich gewesen, der Zielwert liege bei 86 Prozent. Im Nahverkehr seien es 96 Prozent gewesen. Die ÖBB selbst nahm es schlussendlich mit Humor und kommentierte die Sache auf Twitter mit "Shit happens". (Andreas Danzer, Anika Dang, 13.4.2023)