Die USA haben die russisch kontrollierte, in Budapest ansässige Internationale Investitionsbank (IIB) mit Sanktionen belegt. "Die Präsenz der IIB in Budapest ermöglicht es Russland, seine nachrichtendienstlichen Aktivitäten in Europa zu verstärken", teilte das US-Finanzministerium am Mittwoch mit. Das Bankhaus am Budaer Ende der Kettenbrücke öffne dem Kreml die Tür, um "seinen schädlichen Einfluss auf Mitteleuropa und den Westbalkan" auszuüben. Auch für Korruption und Sanktionsbetrug würde es sich eignen, hieß es in der Mitteilung.

Trotz der einhelligen Haltung der EU zum Ukrainekrieg pflegt Viktor Orbán weiter gute Verbindungen zu Wladimir Putin (Archivfoto 2019).
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Die IIB war eine in Moskau angesiedelte Entwicklungsbank des ehemaligen Ostblocks, die nach dem Ende des Kommunismus auf Sparflamme weiterwerkelte. 2019 verlegte sie auf Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ihren Sitz nach Budapest. Der Rechtspopulist bezeugte damit ein weiteres Mal seine Loyalität zum Kreml-Herrn Wladimir Putin. Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zogen sich Tschechien, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien aus der IIB zurück. Ungarn verblieb als einziges EU- und Nato-Land in dem von Russland dominierten Eigentümerverbund.

Diplomatische Immunität

Sicherheitsexperten und Nato-Verbündete äußerten schon seit längerem ihre Bedenken. Die russischen Mitarbeiter genießen diplomatische Immunität sowie Reisefreiheit innerhalb der EU. Die Bank als solche unterliegt keiner Aufsicht durch ungarische oder EU-Behörden. Der Gouverneur der Bank, Nikolai Kosow, ist Spross einer prominenten KGB-Familie. Sein Vater war nach der blutigen Niederschlagung der ungarischen Revolution von 1956 als "Berater" des sowjetischen Geheimdiensts ins Budapester Innenministerium geschickt worden. Seine Mutter hatte sich um die Ausspionierung amerikanischer Atomwaffengeheimnisse bemüht.

Das US-Finanzministerium belegte Kosow, den russischen Vorstand Georgi Potapow und seinen ungarischen Kollegen Imre Laszlóczki mit Sanktionen. Letzterer ist ein Karrierediplomat, der noch zu Zeiten des Kommunismus an der Moskauer Eliteschmiede MGIMO (Moskauer Institut für Internationale Beziehungen) ausgebildet worden war. Die Sanktionen bedeuten unter anderem, dass die betroffenen Personen nicht in die USA einreisen dürfen.

Darüber hinaus hat die Maßnahme enorme Signalwirkung. Um diese zu unterstreichen, berief der US-Botschafter in Budapest, David Pressman, nahezu zeitgleich mit der Verlautbarung des US-Finanzministeriums eine Pressekonferenz in seinem Haus ein. "Ungarns Entscheidung, die IIB zu beherbergen – auf dem Territorium von EU und Nato –, gibt Anlass zu enormer Besorgnis", sagte er. Die von Washington im Dialog mit Budapest mehrfach vorgebrachten Bedenken habe die Orbán-Regierung "beiseitegewischt", so Pressman.

Unterkühlte Beziehung

Die russlandfreundliche Politik Orbáns, die dieser im Ukrainekrieg weiterhin pflegt, hat das Verhältnis Ungarns zu den USA auf den tiefsten Punkt seit Ende des Kalten Krieges sinken lassen. Rezipiert man in Ungarn nur die von Orbáns Leuten kontrollierten Medien – und es sind dies die mit den stärksten Reichweiten –, erhält man den Eindruck, dass Russland ein Verbündeter und dass der Westen und die USA Feinde seien. Botschafter Pressman, der ganz im Sinne der Biden-Administration agiert, wird von Orbán und seinen Medien regelmäßig persönlich angegriffen.

Während sich die meisten EU-Länder sukzessive von der russischen Gasabhängigkeit lösen, bindet Orbán sein Land mit immer neuen Energieabkommen an den Aggressor im Ukrainekrieg. Sein Außenminister Péter Szijjártó weilte deshalb am Dienstag wieder einmal in Russland – zum vierten Mal seit Kriegsbeginn.

Ungarn zieht sich aus Bank zurück

In Sachen "Russenbank" trat indes am späten Donnerstagnachmittag eine Wende ein: Die ungarische Regierung verkündete, sich aus der IIB zurückzuziehen, und bestätigte damit einen Bericht des Wirtschaftsportals vg.hu. Marktinsider hätten schon vor den US-Sanktionen mit einer baldigen Schließung der Bank wegen Zahlungsunfähigkeit gerechnet, schrieb das Wirtschaftsportal portfolio.hu. (Gregor Mayer aus Budapest, 13.4.2023)