Kurkuma wird als Nahrungsergänzungsmittel für seine gesundheitliche Wirkung gepriesen. Tatsächlich hilft es bei Darmbeschwerden. Viele andere Wirkmechanismen sind aber noch unklar.

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Kurkuma ist ist einer der wichtigsten Bestandteile von Currymischungen, es verleiht ihnen die tiefgelbe Farbe und den typischen Geruch. Und auch auf Schneidbrettern und Shirts sorgt es für fiese, gelbe Flecken. Für all das ist das darin enthaltene Polyphenol Curcumin verantwortlich, ein sekundärer Pflanzenstoff, dem beeindruckende gesundheitliche Fähigkeiten nachgesagt werden. Deshalb hat sich auch die Superfood-Industrie das aus Indien und China bekannte Gewürz unter den Nagel gerissen: Neben Fertigmischungen für "Goldene Milch" wird das Pulver der Gelbwurz, wie sie auf Deutsch heißt, auch in Kapselform angeboten – denn nicht alle wollen tagtäglich damit kochen, der Geschmack ist durchaus gewöhnungsbedürftig.

Das in diesen Kapseln enthaltene Curcumin soll je nach Dosierung antioxidativ und antientzündlich wirken und besonders bei weitverbreiteten Leiden wie Magen-Darm-Beschwerden helfen. Der Hype um die Knolle, die im indischen ganzheitlichen Medizinsystem Ayurveda als wichtiges Heilmittel gilt, reißt nicht ab. Mittlerweile wird der Wirkstoff auch intensiv beforscht. Denn Curcumin soll bei Arthritis helfen, krebshemmende Wirkung haben und sogar Demenz vorbeugen. Doch was ist da wirklich dran?

Schlechte Aufnahme des Reinstoffs

"Grundsätzlich sieht die Wissenschaft in Kurkuma aufgrund der antientzündlichen und immunsystemregulierenden Funktion großes Potenzial", erklärt Corinna Geiger, Fachärztin für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährungsmedizin. Als Nahrungsergänzungsmittel oder Superfood-Mischung kann Kurkuma deshalb durchaus komplementär eingesetzt werden. Das in der Knolle enthaltene Curcumin findet sich in den angepriesenen Produkten in unterschiedlich hohen Mengen wieder.

Der Darm kann den Stoff jedoch nur begrenzt aufnehmen, weiß Geiger: "Curcumin als Reinstoff hat den Nachteil, dass die Bioverfügbarkeit bei oraler Einnahme sehr gering ist." Das habe unterschiedliche Ursachen wie etwa die schlechte Wasserlöslichkeit von Curcumin und die Bedingungen im Dünndarm, die nur eine kurze Halbwertszeit von etwa zehn Minuten zulassen. "Als Folge der schlechten Bioverfügbarkeit wurden trotz Einnahme hoher Dosierungen an Curcumin nur geringe Werte im Blut gemessen", berichtet Geiger. Man muss also davon ausgehen, dass bei einer einfachen Einnahme ein großer Teil direkt über den Darm wieder ausgeschieden wird.

Das kann man offensichtlich ändern, indem man Curcumin gemeinsam mit Piperin einnimmt, dem Hauptwirkstoff in schwarzem Pfeffer. Zwei Untersuchungen zeigen, dass das die Aufnahme ins Blut, abhängig von Dosierung und Gesundheitszustand der Person, steigern kann. "Außerdem wurden unterschiedliche Möglichkeiten entwickelt, die Bioverfügbarkeit zu verbessern", erklärt Geiger. Eine aktuelle Studie zeigt eine Formulierung, durch die eine 100-fach bessere Bioverfügbarkeit erreicht werden konnte: "Die Formulierungen mit der besten Bioverfügbarkeit beinhalten derzeit Stoffe wie CurQfen, die frei von Polysorbaten und Emulgatoren sind", sagt die Internistin.

Gut für den Darm, fragwürdig gegen Krebs

Ein Bereich, wo Curcumin wirklich positiv zu wirken scheint, ist der Darm. "Kurkuma hat sich als potent antientzündlich im Bereich des Magen-Darm-Trakts herausgestellt und wird inzwischen ergänzend zur klassisch-medikamentösen Therapie bei Colitis Ulcerosa empfohlen", weiß Geiger. Die Erfolge bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zeigten sich in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie bei einer Einnahme von 1.000 mg Curcumin pro Tag über einen Zeitraum von sechs Monaten, das ist auch in der Leitlinie zur Behandlung von Collitis Ulcerosa vermerkt.

Während die Datenlage bei Darmerkrankungen recht klar ist, muss die Wirkung von Curcumin in anderen Bereichen aber noch weiter erforscht werden. Dem gelben Pulver werden ja noch viel mehr positive Wirkungen nachgesagt, etwa dass es Krebszellen bekämpfen soll. Das wird derzeit aber noch diskutiert. Zwar gibt es mehrere Studien dazu, aufgrund der unterschiedlichen Dosierungen und Bestandteile der Präparate lassen sich Studienergebnisse aber schwer vergleichen, berichtet die unabhängige Plattform Medizin Transparent, ein Projekt von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems.

So berichten ältere Studien, dass Curcumin das Wachstum von isoliert gezüchteten Krebszellen im Reagenzglas hemmt. Auch bei Versuchen mit Labormäusen hätte man die krebshemmende Wirkung beobachten können. Die Ergebnisse lassen sich aber nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen. Andere Studien wiederum seien nicht aussagekräftig, weil ihnen der Vergleich mit Menschen fehlt, die ein Placebo bekommen haben.

Hoffnung bei Arthrose

Eine neuere Studie berichtet aber, dass Curcumin therapeutische Wirkung bei Prostatakrebs entfalten soll, indem es mehrere Zellsignalwege moduliert. Curcumin wirkt sich laut den Untersuchungen auch auf das prostataspezifische Antigen PSA aus, indem es dessen Expression reduziere. Hier sieht auch Geiger Potenzial: "Curcumin kann wichtige Signalwege regulieren, die in der Anti-Tumortherapie eine Rolle spielen. Es bleibt spannend, welche Ergebnisse weitere randomisiert-kontrollierte Studien bringen werden." Über eine solche Studie berichtete DER STANDARD bereits ausführlich.

Mit Spannung werden auch weitere Forschungsergebnisse im Bezug auf entzündliche Gelenkskrankheiten erwartet. Die antientzündliche Wirkung von Curcumin könnte womöglich Menschen mit Arthritis helfen. Und auch in den immunsystemregulierenden Eigenschaften liegt Potenzial, sagt Geiger: "Allerdings lässt die derzeitige Studienlage noch keine klaren Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu diesem Thema zu."

Denn viele der Studien weisen methodische Mängel auf, wodurch sie nicht ausreichend aussagekräftig sind. Im Labor etwa konnte an Mäusen gezeigt werden, dass Kurkuma den Abbau von Gelenksknorpeln hemmen konnte, doch diese Erkenntnisse kann man nicht einfach auf den Menschen übertragen.

Gut fürs Gehirn?

Ähnliche Probleme gibt es bei den Erkenntnissen rund um Kurkuma und Demenz – eine weitere Krankheit, gegen die Kurkuma wahre Wunder wirken soll. Auch hier stellt Medizin Transparent fest, dass die Erkenntnisse sehr unklar sind. Insbesondere wird angemerkt, dass man die Behandlung einer so komplexen, multimodalen Erkrankung nicht auf einen Wirkstoff beschränken könne.

Insgesamt könne man aber mit Curcumin auch keinen wirklich Schaden anrichten. Die Einnahme gilt als sicher, auch wenn es in wenigen Fällen unerwünschte Begleiterscheinungen gibt, sagt Internistin Geiger: "In hohen Dosen oder bei längerer Einnahme können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Reflux, Durchfall, Kopfschmerzen und Hautausschlag auftreten." Will man trotzdem auf die Kraft von Kurkuma setzen, empfiehlt sich die Einnahme zu Mahlzeiten oder mit fetthaltigen Getränken, weil der Wirkstoff fettlöslich ist. Während der Schwangerschaft ist aber Vorsicht geboten – und generell sollte bei einer vermehrten Anwendung ärztliche Rücksprache gehalten werden. (Sabrina Kraußler, 19.4.2023)