Bundeskanzler Karl Nehammer will Migration über Kooperationen mit afrikanischen und asiatischen Ländern besser steuern.
Foto: Regine Hendrich

Vom Verbrenner zum Dauerbrenner Migration. Beim vierten sogenannten "Kanzlergespräch", zu dem Karl Nehammer Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Medien einlädt, ging es zwar auch um die Sicherheitsstrategie, längeres Arbeiten, den Forschungsstandort Österreich mit Schwerpunkt E-Fuels und "grüner Verbrenner" und die Energieversorgung, der größte Schwerpunkt lag aber auf dem Thema Migration.

Durch die intensive Zusammenarbeit der Polizei über Grenzen hinweg sei der "traurige Rekord" seit Mai 2022 bis zum März 2023 gelungen, 700 Schlepper festzunehmen. Das zeige, dass in diesem Bereich eine sehr hohe "dramatische Aktivität" festzustellen sei und weiter alle Kraft dafür verwendet werde, dass das Thema europäisch gelöst werde, wie etwa im Europäischen Rat mit den Themen Außengrenzschutz, schnellere Verfahren, Rücknahmeabkommen. Es sei nun ausgeräumt worden, dass es eine Konkurrenz zwischen Außengrenzländern und Binnenländern gibt.

Ein gemeinsames Verständnis über Grenzen hinweg sei wichtig, wenn man daran denke, dass Italien bei rund 60 Millionen Einwohnern und 30.000 Asylanträgen den Notstand ausruft und Österreich bei neun Millionen Einwohnern und 10.000 Anträgen dieses Jahr "weit weg ist von einem Notstand". Dennoch habe man die gleiche Herausforderung zu stemmen. Dänemark und Schweden, die Nehammer vor kurzem bereist hat, würden hier als Vorreiter im Umgang mit der Herausforderung fungieren.

Afrika und Indien

Der Kanzler verband das Thema Energiesicherheit dann auch mit der Migration, weil es notwendig sei, "systemisch" zu denken. "Wenn wir die Migration so gestalten wollen, dass wir jene zulassen, die wir brauchen, und jede Gesellschaft braucht Zuwanderung, dann muss sie so gestaltet werden, dass die demokratischen Staaten entscheiden, wer zu ihnen kommt, und nicht die organisierte Kriminalität." Damit das funktioniere, brauche es Kooperationen mit Herkunftsländern wie in Nordafrika. Die Reise nach Marokko hätte gleichzeitig auch den Zweck gehabt, die Energieversorgungssicherheit zu stärken, weil das Land zu jenen zähle, denen es zugetraut werde, grünen Wasserstoff effizient zu produzieren.

Es brauche insgesamt eine verstärkte Reisediplomatie auf dem afrikanischen Kontinent, um auf Augenhöhe Kooperationen neu zu denken. Aus diesem Grund werde er als nächste Destinationen Angola, Ghana und Ägypten ansteuern. "Afrika ist ein dynamischer Kontinent." Auch im asiatischen Bereich sei man dabei, die Beziehung etwa zu Indien weiter auszubauen.

Als das Mittel, mehr Arbeitskräfte gezielt nach Österreich zu bringen, sprach Nehammer die Rot-Weiß-Rot-Karte an, bei der es trotz der Überarbeitung "nach wie vor große Herausforderungen gibt". Der Bund habe zwar seine Aufgaben erfüllt, aber in der operativen Umsetzung gebe es Probleme, weil vom Arbeitsmarktservice jeweils regional entschieden werde, ob jemand in den Arbeitsmarkt kommen darf oder nicht. Hier sieht Nehammer noch viel Potenzial, um effizienter und schneller zu werden.

"Trennung von Asyl und Migration"

Zur Frage, wie es zusammenpasse, dass trotz des Mangels an Arbeitskräften eine gut integrierte Familie, die in Pflege und Gastronomie tätig war, abgeschoben wurde, meint Nehammer: "Es braucht die Trennung von Asyl und Migration. Wenn wir diese Themen nicht auseinanderhalten, würden wir das wichtige Thema von Schutz und Verfolgung schwächen und andererseits der organisierten Kriminalität Geschäftsmodelle geben, um Menschen zu verführen, sich gefährliche Reisen zuzumuten."

Wenn man hier eine Veränderung herbeiführen wolle, dann brauche es Konsequenz: Die, die legal kämen, um zu arbeiten, sollten die Chance bekommen, es zu tun. Es sei "nicht klug, irregulär nach Europa zu gehen und einen Asylantrag zu stellen, wenn man bei uns arbeiten will".

Autogipfel im Bundeskanzleramt

System dürfte auch Nehammers Plan haben, auf dem Thema Verbrennermotor draufzubleiben. Nach Kritik von Politik und Fachleuten spricht er nun konsequent vom "grünen Verbrenner". Dieser müsse erhalten bleiben, und die dafür notwendigen E-Fuels müssten weiterentwickelt werden. Dafür werde es nächste Woche am Mittwoch im Bundeskanzleramt unter Beteiligung der Wissenschaft einen Autogipfel geben.

Geplant ist auch eine Bestandsaufnahme, was es in Österreich auf diesem Gebiet schon gibt, etwa in Steyr. Nehammer sieht die Möglichkeit für Österreich, einen Markenkern zu etablieren und auszubauen. Der Autogipfel sei keine Provokation für den Koalitionspartner: "Mobilität ist auch für die Grünen ein Thema." (Rainer Schüller, 14.4.2023)