Wer wissen will, wie es mit Linux weitergeht, wirft einen Blick auf Fedora: Die maßgeblich von Red Hat vorangetriebene Distribution hat sich einen Ruf dafür erarbeitet, an der Spitze neuer Entwicklungen zu stehen. Die Kehrseite: In früheren Jahren war Fedora nicht immer ganz so stabil wie mancher Konkurrent, auch gab es regelmäßig Verzögerungen beim Zeitplan.

Doch das ist mittlerweile Vergangenheit, Fedora hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend als ernsthafte Desktop-Alternative erwiesen. Und auch das mit dem Zeitplan hat man mittlerweile bestens im Griff, also gibt es nun eine neue Version zum Wunschtermin – ganz ohne Verzögerungen.

Neue Version

Fedora 38 versammelt wie gewohnt die Neuerungen der vergangenen sechs Monate, ein Update von früheren Versionen ist direkt möglich und sollte auch bereits über die Softwarezentrale angeboten werden. Wer hingegen neu in der Fedora-Welt ist, kann die Distribution in Form eines Systemabbilds herunterladen, das dann wiederum auf einen USB-Stick gespielt werden kann. Es handelt sich dabei um ein Live-System, das direkt von besagtem Stick ausprobiert werden kann.

Fedora 38 nutzt von Haus aus Gnome 44 als Desktop
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Der Desktop

Auch wenn es Fedora in einer Fülle unterschiedlicher Varianten – den sogenannten Spins – gibt, bleibt die Default-Wahl für den Desktop doch Gnome. Was auch bedeutet: Einen großen Teil der Desktop-relevanten Neuerungen erbt man direkt vom befreundeten Open-Source-Projekt. So gibt es denn auch in Fedora 38 bereits die neueste Version der Desktop-Umgebung – also Gnome 44.

Diese wurde bereits an anderer Stelle ausführlich gewürdigt, insofern hier nur die Highlights. Es gibt nun endlich eine Vorschauansicht für Bilder im Dateiauswahldialog, die Schnelleinstellungen wurden erneut überarbeitet, dabei sticht die Möglichkeit, zwischen mehreren Bluetooth-Geräten flott zu wechseln, positiv heraus. Zudem werden an dieser Stelle jetzt auch im Hintergrund laufende Apps angezeigt.

Modernisierung

Die Portierung des Kern-Desktops auf die neueste Generation des grafischen Toolkits Gtk – also Gtk4 – ist mit Gnome 44 weitgehend abgeschlossen. Was noch fehlt, sind einige der im Desktop enthaltenen Programme, aber auch hier gibt es mit der aktuellen Version deutliche Fortschritte. So wurde die Rendering Engine Webkit-Gtk auf Gtk4 portiert, was den Weg für die Aktualisierung einiger noch säumiger Komponenten frei macht. Bereits in Gnome 44 ist eine neue Version des Gnome-Browsers Web (ehemals: Epiphany) enthalten.

Flathub

Wer will, kann das das Programmangebot auf freie Software beschränken. Das ist vor allem in Hinblick auf Flathub relevant.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Ist es traditionell bei Linux so, dass jede Distribution auch jedes einzelne Softwarepaket selbst schnürt und ausliefert, ist in den vergangenen Jahren ein Trend zu distributionsübergreifenden Formaten unübersehbar. Wie die meisten anderen Distributionen favorisiert Fedora dabei Flatpak, dessen Einsatz man mit Fedora 38 noch einmal erleichtert.

Gab es in Fedora von Haus aus bisher nur eine Auswahl des auf Flathub zu findenden Angebots, wird mit Fedora 38 nun ein ungefilterter Zugriff geboten. Da dort aber auch nicht-freie Software verfügbar ist, gibt es in der Softwarezentrale eine passende Neuerung: Es ist möglich, nur jene Programme anzuzeigen, die auch im Quellcode verfügbar sind.

Trotzdem wirkt der Fedora-Ansatz an das Thema noch etwas zaghaft. So wird kein einziges Flatpak vorinstalliert. Wer jetzt auch bei den Kern-Programmen lieber Flatpaks nutzen will, muss so recht mühsam alles lokal deinstallieren und von Flathub neu besorgen. Umgekehrt ist das natürlich die bessere Variante für jene, die um Formate wie Flatpak lieber einen Bogen machen wollen. Trotzdem wird sich Fedora irgendwann einmal entscheiden müssen.

Eigentlich ein kleines Detail, aber in der Praxis schon mal wichtig: Das Timeout für hängende Systemd-Dienste wurde von zwei Minuten auf 45 Sekunden reduziert. Das ist vor allem bei Problemen beim Herunterfahren des Systems relevant, wo solche Fehler schon mal für nervend lange Wartezeiten sorgen können.

Die Kernel-Zukunft

Die Basis des Systems bildet Linux 6.2 und damit natürlich die aktuelle Generation des Kernel. Diese bietet zunächst einmal die gewohnten Verbesserungen bei der Hardwareunterstützung, etwa Support für Intel Arc.

Der Linux-Kernel ist in der Version 6.2 enthalten.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Viel spannender ist aber, was sich im Hintergrund abspielt: Schafft Fedora 38 doch die Grundlagen für den "Unified Kernel Support". Ein zentraler Grund dafür nennt sich Sicherheit: Bisher ist es recht einfach die Linux-Bootkette zu unterwandern – selbst mit aktiviertem Secure Boot. Das liegt daran, dass ein Teil dieser Kette – das Initrd Image – direkt am lokalen Rechner erstellt wird, und so nicht vernünftig abgesichert werden kann.

Vereinheitlichung

In Zukunft soll das anders werden: Ein Unified Kernel Image soll neben dem Kernel selbst auch Initrd, cmdline und die zugehörigen Signaturen beinhalten. Diese Umbauten sind allerdings reichlich komplex, insofern wird in Fedora 38 wirklich erst einmal die grundlegende Infrastruktur geschaffen: Wann man dann wirklich auf UKIs umsteigt, ist derzeit noch offen. Und selbst dann sollen übrigens klassische Kernel auch weiterhin unterstützt werden, betont das Projekt. Zudem ist noch unklar, für welche Fedora-Ausgaben das dann kommt, immerhin ist der Desktop ja nicht alles.

Ein Blick in eine mögliche Zukunft

Und wenn wir schon in die Zukunft blicken: All das ist auch eine wichtige Vorarbeit für eine andere Idee, die gerade in der Fedora-Community diskutiert wird, nämlich das System von Haus aus zu verschlüsseln – unter Nutzung des Trusted Platform Modules (TPM). Das soll unter anderem verhindern, dass bei einem Diebstahl einfach so die Festplatte/SSD ausgebaut und auf die Daten zugegriffen werden kann.

Ähnliche Systeme verwenden etwa alle modernen Smartphones, bei Fedora ist das aber wie gesagt derzeit nur ein Konzept – und somit auch noch keine beschlossene Sache. Wer sich trotzdem schon mal mit den Hintergründen vertraut machen will, sei auf das zugehörige Dokument verwiesen.

Updates

Doch zurück zu Fedora 38: Zu den weiteren Softwareaktualisierungen gehören unter anderem Mesa 23, GCC 13, LLVM 16 und Glibc 2.37. Am Desktop werden die üblichen Programme wie Firefox 112 oder Libreoffice 7.5.2.2 angeboten – neben all den zu Gnome selbst gehörigen Programmen.

Der Anwendungsstarter zeigt die vorinstallierten Programme.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Wer mit Gnome nichts anfangen kann, dem stehen unter anderem Xfce 4.18 oder KDE Plasma 5.27 zur Verfügung. Für beide gibt es auch einen passenden "Spin", bei dem dieser Desktop bereits vorinstalliert ist. Apropos: Neu in Fedora 38 sind ein Spin mit dem Budgie-Desktop sowie einer mit dem Tiling-Window-Manager Sway.

Fazit

In Summe erweist sich Fedora 38 zwar als ein Update ohne die ganz großen sichtbaren Highlights, und doch als eines, das wichtige Schritte in Richtung Zukunft unternimmt. Vor allem aber bietet die Distribution einen sehr guten und modernen Linux-Desktop für das Hier und Jetzt. (Andreas Proschofsky, 18.4.2023)