Das Projekt ist das Filetstück der türkis-grünen Wirtschafts- und Standortpolitik. Es ist bereits 2022 gestartet, aber erst jetzt beginnt die heiße Phase der Förderungen. Die Regierung will heimische Unternehmen wegen der gestiegenen Kosten für Strom, Gas und Sprit mit viel Geld entlasten.

Doch derzeit streiten ÖVP und Grüne um wesentliche Details des Energiekostenzuschusses, von dem hier die Rede ist. Es geht dabei um die Frage, ob auch Freiberufler wie Physio- und Psychotherapeuten und -therapeutinnen in den Genuss der Förderungen kommen. Die Grünen setzen sich dafür ein, während das ÖVP-geführte Wirtschaftsministerium auf der Bremse steht.

Davon unabhängig reiben sich Expertinnen und Experten angesichts des Pakets etwas ungläubig die Augen, weil unklar ist, wie viel die Unternehmenshilfen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kosten werden. Vier, sieben oder acht Milliarden Euro? Diverse Berechnungen dazu schwirren herum, aber keiner kennt die exakte Antwort, was aufgrund der Dimensionen des Pakets verwunderlich ist.

An den Energiehilfen für große und kleine Unternehmen wird seit vergangenem Herbst gebastelt. Damals hat die Regierung einen Energiekostenzuschuss für 2022 aufgelegt, auch soll es einen Kostenzuschuss II für 2023 geben.

Ein Geldregen

Die Logik des Systems ist simpel: Der Staat nimmt Betrieben einen Teil ihrer zusätzlichen Kosten für Strom, Gas und andere Energieträger ab. Je nach Größe des Betriebs und Kostenplus bei Energie gibt es mehr oder weniger Geld. Für 2022 wird Unternehmen bis zu 30 Prozent der Mehrkosten abgenommen. 2023 sollen es gar bis zu 60 Prozent sein.

Vereinbart wurde in der Regierung, dass es Untergrenzen bei Ansuchen um Unterstützung geben soll, um zehntausende Kleinstanträge zu vermeiden. Wer weniger als 2000 bzw. heuer 3000 Euro bekommen würde, kann keinen Energiekostenzuschuss beantragen. Für diese Gruppe, allen voran Ein-Personen-Unternehmen (EPUs), gibt es ein Pauschalierungsmodell: Auf Basis der durchschnittlichen Kostensteigerungen in der eigenen Branche, errechnet von der Energieagentur, würde der Staat ohne langwierige Dokumentationserfordernisse einen Zuschuss zahlen. Dieser richtet sich grob nach dem Umsatz der EPUs. Förderhöhe: zwischen 410 und 2475 Euro pro Antragsteller.

Grüne drängen auf Abmachung

Genau hier hakt es seit geraumer Zeit, und aktuell eskaliert der Streit: Laut Darstellung der Grünen sei mit der ÖVP paktiert, dass auch freiberuflich tätige EPUs unterstützt werden. Das wären neben erwähnten Berufsgruppen auch Designerinnen und Designer oder Ziviltechniker. "Es gibt Verantwortung, auch sie zu unterstützen und nicht nur die großen Unternehmen", sagt die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Götze.

Die Förderungen sind schon gesetzlich fixiert, aber notwendig sind noch Richtlinien für Details. Diesen Richtlinien verweigern die Grünen ihre Zustimmung. Die bisher vom zuständigen Wirtschaftsministerium vorgelegten Entwürfe umfassen noch nicht all EPUs, weshalb es kein grünes Ja geben wird, sagt der Grünen-Mandatar Jakob Schwarz.

Wer wird von der Pauschalierung profitieren? Noch wird um eine Einigung gerungen.
Foto: Reuters

Im Wirtschaftsministerium sieht man keinen Fehler in der eigenen Vorgehensweise: Der Energiekostenzuschuss und das Pauschalfördermodell seien sehr breit. Alle gewerblich tätigen Unternehmen, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen, erhalten Unterstützung. Freiberuflich tätige Personen zählen nicht dazu. Als Grund wird angeführt, dass die Verarbeitung der Anträge technisch nicht möglich beziehungsweise langwierig wäre und den ganze Prozess verzögern würde. Woran das liegt? Daran, dass viele Freiberufler keine Umsatzsteuer zahlen und nicht mittels Codes (ÖNACE) einer wirtschaftlichen Tätigkeit zugeordnet werden können.

Abgewickelt werden soll der Zuschuss für EPUs übrigens von der Forschungsförderungsgesellschaft, nicht von der Förderbank des Bundes, der AWS, die für den Energiekostenzuschuss zuständig ist.

Der Streit über Freiberufler bringt mehrere Verzögerungen: Größere Unternehmen haben ihre Anträge für den Energiekostenzuschuss fürs Jahr 2022 schon abgeschlossen. Das Pauschalierungsmodell hat aber noch nicht gestartet. Das Wirtschaftsministerium will am 17. April mit dem "Pre-Check-IN", also der Voranmeldung beginnen, was die Grünen ob der fehlenden Einigung auf die Barrikaden treibt. Für den Energiekostenzuschuss II 2023 fehlen noch die kompletten Richtlinien. Wie der Streit beigelegt wird, ist unklar.

Keiner kennt die Kosten

Ebenso unklar ist, wie viel der Energiekostenzuschuss am Ende des Tages kosten wird. Dabei geht es nicht um Freiberufler und Kleinunternehmen, die einen Bruchteil der Gelder beanspruchen würden.

Der Fiskalrat hat am 7. März eine Rechnung präsentiert, wonach der Energiekostenzuschuss II zwischen sieben und acht Milliarden Euro kosten wird. Das Finanzministerium ging zuletzt von um die 5,7 Milliarden aus. Am Freitag relativierte der Fiskalrat seine Schätzung: Nun erwartet er Kosten von 4,2 Milliarden. Warum diese Diskrepanzen?

Der Energiekostenzuschuss. Parallel dazu soll es die Pauschalierung für Kleinbetriebe geben.

Die erwarteten Ausgaben hängen von den Energiepreisen ab – diese schwanken stark, entwickelten sich zuletzt rückläufig.

Das Modell in Österreich folgt dem deutschen Vorbild. "Beim Versuch, Wettbewerbsnachteile durch die deutsche Strompreisbremse zu kompensieren, ist die türkis-grüne Regierung übers Ziel hinausgeschossen, und zwar auf Kosten der Steuerzahler", sagt der Energiemarktexperte Lukas Stühlinger von Fingreen. In Deutschland gibt es für mittlere und große Unternehmen einen Preisdeckel, bei 13 Cent bei Strom und sieben Cent bei Gas je Kilowattstunde. Erst wenn die Preise darüber sind, zahlt der Staat dazu. In Österreich wird in Stufe eins des Modells, hier gibt es bis zu zwei Millionen Euro pro Unternehmen, jeder Preisanstieg subventioniert. Das führt selbst bei gesunkenen Energiepreisen zu hohen Förderungen.

Wie der Fiskalrat analysiert, sind die Energiezuschüsse in den unteren Stufen "nicht treffsicher". Das liegt generell daran, dass hier Geld unabhängig davon, wie es dem Unternehmen geht, ausgeschüttet wird. Ein Hotelbetreiber, der eigene Preise hochsetzt und deshalb trotz hoher Energiekosten Gewinn erwirtschaftet, bekommt ebenfalls die Förderung. Der Fiskalrat fordert daher eine Bindung an Unternehmenskennzahlen. (András Szigetvari, 17.4.2023)