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"Europa am seidenen Faden – Wie groß ist Chinas Macht?", fragte Claudia Reiterer am Sonntag ihre Gäste in der Talksendung "Im Zentrum" auf ORF 2. Halb Österreich fragte sich etwas anderes, nämlich: Warum?*

Dabei ging es weniger um das große Thema der künftigen Weltordnung. Es ging um die überraschende Tatsache, dass neben Fachleuten für Geopolitik wie Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, Mikko Huotari, Chef des Mercator-Instituts für China-Studien in Berlin, der Politologin Velina Tchakarova und der französischen Journalistin Joëlle Stolz noch jemand im Studio saß: Sebastian Kurz.

Er war einmal Außenminister und dann Bundeskanzler von Österreich. Jetzt ist er Unternehmer. Reiterers erste Frage an ihn: "Ist Macron von allen guten Geistern verlassen?" Kurz verneinte das. Die umstrittenen Ansagen des französischen Staatspräsidenten zu Europas Unabhängigkeit von den USA verteidigte er. Auch Stolz sah bei Emmanuel Macron keinen Bruch mit der bisherigen Linie Frankreichs.

"Falsche" Vorwürfe

Aber zurück zum "Warum?": Kurz hatte 2019 die China-Strategie im Europäischen Rat mitbeschlossen. Nebenbei hatte er am Ende der Sendung die Gelegenheit, sich gleich vor den Gerichten von aller Schuld freizusprechen. Reiterer fragte ihn zu der Hausdurchsuchung bei der "Heute"-Geschäftsführerin Eva Dichand und ob er sich vor einer Anklage wegen Falschaussage fürchte. Zusammengefasst verneinte er auch das. Er freue sich schon, denn "wenn's endlich so wäre", gäbe es "endlich eine Gerichtsentscheidung". Dann werde klar sein, "dass diese Vorwürfe falsch" gewesen seien.

Auf die Frage, ob es ein Politik-Comeback von ihm geben werde, sagte Kurz: "Ich war zehn Jahre in der Bundesregierung, ich glaube, ich habe meinen Beitrag geleistet." Reiterer darauf: "Nein." Sie wollte wohl nur seine etwas längere Antwort zusammenfassen. (Colette M. Schmidt, 17.4.2023)

Update: Mathias Schmelzer, Redaktionsleiter von "Im Zentrum", erklärt auf STANDARD-Anfrage: "Er war Außenminister und Kanzler, und es war die Gelegenheit, ihn zu seinen außenwirtschaftspolitischen Entscheidungen zu Russland und China zu befragen." Es habe niemand interveniert, damit er eingeladen wird. (red)