Shampoo kommt in der berühmtesten Horrorfilmszene nicht vor.
Foto: Eylül Aslan

Die berühmteste Horrorfilmszene der Filmgeschichte spielt unter der Dusche. 1960 lässt Alfred Hitchcock die Hauptfigur Marion Crane in "Psycho" einen ikonischen Filmtod im Bad des Motelzimmers sterben. Cineasten können mit einer Menge Trivia dazu aufwarten: Der Duschkopf, der zu sehen ist, war eigentlich zwei Meter groß. Die Hand, die auf Schauspielerin Janet Leigh einsticht, gehört gar nicht zu Hauptdarsteller Anthony Perkins. Und das Kunstblut, das sich unter das Duschwasser mischt, ist eigentlich Schokoladensauce. Was in der berühmten Duschszene dagegen nicht vorkommt: Shampoo.

"No Poo"-Methode

Dass Marion Crane ihre Haare kurz vor ihrem Tod im Motel nur mit klarem Wasser ausspült, kann viele Gründe haben. Eines können wir wohl ausschließen: dass sie eine frühe Verfechterin der "No Poo"-Methode war. Dieser Beautytrend wird erst seit einigen Jahren vor allem in sozialen Netzwerken propagiert und hat nichts mit Stuhlgang zu tun, wie die wörtliche Übersetzung nahelegen würde. Stattdessen kommt die Wortkreation von "No (Sham)poo". Wer auf die Methode setzt, entsagt im radikalsten Fall jeglichem Einsatz von Shampoo oder verwendet nur Heilerde oder Roggenmehl für die Haarwäsche. Doch warum sollten wir Shampoo gegen nichts (oder einen Teigklumpen auf dem Kopf) eintauschen?

Laut der "No Poo"-Theorie ist unsere Kopfhaut aus dem Gleichgewicht. Wer sich mehrmals wöchentlich die Haare mit Shampoo wäscht, zerstört die natürliche Talgschicht am Kopf. Als Reaktion bildet der Körper immer mehr Talg, um diese Schicht wiederherzustellen. Was dazu führt, dass unsere Haare viel schneller fettig aussehen. Wer nun im Gegenzug auf Shampoo verzichtet, so die Annahme, bringt seine Kopfhaut wieder in ihren Naturzustand. Die meisten Testerinnen berichten in ihren Videos davon, dass ihnen "No Poo" am Anfang schwergefallen sei. Nach einigen Wochen stelle sich die Talgproduktion dann aber um, und der lange Atem werde mit glänzendem, nicht mehr so schnell fettendem Haar belohnt. Die Theorie hat nur ein Manko: Die Wissenschaft widerspricht.

Fett weg

Laut Dermatologen hinkt die Theorie: Wir haben auf der Kopfhaut nämlich keine Sensoren, die feststellen, ob die Talgschicht abgewaschen wird oder nicht. Die Talgproduktion wird also nicht hoch- oder runtergefahren, wenn wir Shampoo verwenden. Ob unsere Haare schnell fettig aussehen – darüber entscheiden vor allem Genetik und Hormone. Was Medizinerinnen allerdings bestätigen: Zu häufiges Haarewaschen mit Shampoo kann Ekzeme oder Hautreizungen verursachen. Hautärzte raten also eher zu weniger als keinem Shampoo und hochwertigen Produkten.

Gar nicht mehr duschen oder baden wollte laut einer Hitchcock-Anekdote ein Mädchen, nachdem es "Psycho" gesehen hatte, und dessen Vater dem Regisseur daraufhin einen Brief schrieb. Hitchcocks knappe Antwort: "Schicken Sie sie in die Reinigung." Für "No Poo"-Verfechterinnen wohl der größte Horror. (RONDO Exklusiv, Antonia Rauth, 9.5.2023)