Ab 2035 dürfen in der EU nur noch jene Neuwagen verkauft werden, die kein CO2 ausstoßen – damit wird der Trend zum Elektroauto zum Gesetz. Eine Ausnahme gibt es für Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden.

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Oft hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ihn in den vergangenen Wochen beschworen: den "grünen Verbrenner". Seitdem die EU dem Wechsel auf elektrische Fahrzeuge ein Datum verpasst hat, ist die Zukunft der Autobranche zum Dauerthema geworden. Ab 2035 dürfen nur noch solche Autos und leichte Nutzfahrzeuge in der EU verkauft werden, die kein CO2 ausstoßen. Neben elektrischen Antrieben dürfen – nach viel Streit – nun auch sogenannte E-Fuels genutzt werden.

Am Mittwoch organisiert Bundeskanzler Karl Nehammer dazu einen "Autogipfel", auf dem er gemeinsam mit Fachleuten ausloten will, vor welcher Zukunft die österreichische Auto- und Zuliefererbranche steht, die laut Wirtschaftskammer insgesamt bis zu 80.000 Menschen beschäftigt.

"E-Fuels sind dabei nur ein Aspekt. Ich erwarte, dass wir wirtschaftliche Auswirkungen der vielen Umstellungen im gesamten Energiesystem besprechen werden", meint Bernhard Geringer von der TU Wien, der am Gipfel teilnehmen wird. Ebenfalls dabei sein wird Werner Kepplinger, ehemaliger Lehrstuhlleiter an der Universität Leoben. "Bei der Produktion von E-Fuels geht sehr viel Energie verloren, aber sie können die vorhandene Infrastruktur von derzeitigen Kraftstofflagern gut nutzen", sagt er.

Neben weiteren Wissenschaftern ist unter anderem die OMV eingeladen. Am Dienstag besucht Nehammer das BMW-Werk in Steyr, am Freitag das Technologieunternehmen AVL List in Graz, das dieses Jahr Österreichs größtes Pilotprojekt für E-Fuels startet.

Tesla macht Druck

Abseits des Gipfels bahnt sich in der Autowelt ein Paradigmenwechsel an. Autobauer zählten während der vergangenen Krisenjahre zu den Profiteuren. Ab Ausbruch der Pandemie mangelte es global an Halbleitern und Kabelbäumen – vor ihrem Fehlen wussten die meisten nicht einmal, dass Kabelbäume existieren. Das verknappte das Angebot und ließ die Preise steigen. Deutsche Autoriesen erzielten Renditen, von denen andere Branchen nur träumen können. In den USA sah es ähnlich aus, doch von Fachleuten ist nun immer öfter zu hören, dass diese Rekordwerte nicht mehr lange zu halten sein werden.

Das hat unterschiedliche Gründe. Einerseits haben Produzenten aus Angst vor ausfallenden Lieferketten die Lager mehr als schlussendlich nötig aufgefüllt und sitzen auf Überkapazitäten, andererseits können sich immer weniger Verbraucher teure Neuwagen leisten. Und Tesla. Der E-Auto-Bauer aus den USA rund um Elon Musk initiiert gerade einen Preiskampf und versucht damit die Konkurrenz unter Druck zu setzen.

Es scheint zu fruchten: Renault-Chef Fabrice Cambolive bezeichnete die Preissenkungen als "Warnung" an E-Auto-Hersteller. Die Preissenkungen würden Renault zwingen, seine Preispolitik zu prüfen. Tesla nutzt seine Position für diesen Schritt. Mit einer operativen Rendite von mehr als 18 Prozent im Jahr 2022 war Tesla einer der profitabelsten Autobauer.

Internationale Entscheidungen mit Folgen in Österreich

Wie viel billiger wird es? Das Model 3 Performance von Tesla wird etwa in Österreich jetzt ab 54.570 Euro angeboten, um 5.400 Euro günstiger als noch vor kurzem, kündigte der Konzern kürzlich in einer Mitteilung an. Alle Varianten der Modelle S und X sollen ebenfalls günstiger werden. Man reduziere in zahlreichen europäischen Märkten die Preise, um Elektromobilität schneller zu verbreitern, heißt es bei Tesla. "Die Zeit der Bilderbuchgewinne ist vorbei, und der Preiskrieg hat erst begonnen", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Chef des deutschen Center Automotive Research. Auch VW habe bereits begonnen, Preise zu senken.

Unterstrichen wird die Entwicklung von den schwindenden Auftragszahlen in zahlreichen Ländern. Zeitgleich steigen Rabatte und Angebote für Autos mit reduzierter Zusatzausstattung.

Was die großen Konzerne machen, hat direkte Auswirkungen auf Unternehmen in Österreich. Hierzulande arbeiten die meisten Betriebe als Zulieferer, fast alle Produkte werden exportiert. Dementsprechend wird es Fachleuten zufolge ein Umdenken brauchen, wenn sich die Unternehmen nachhaltig aufstellen wollen. Welche Teile nachgefragt werden, entscheiden schließlich Konzerne im Ausland. Komponenten für E-Mobilität herzustellen zählt aktuell allerdings nicht zu den österreichischen Stärken. (Alicia Prager, Andreas Danzer, 18.4.2023)