Das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia), auch bekannt als Ragweed oder Beifuß-Ambrosie, stammt ursprünglich aus Nordamerika.

Foto: Frank Mayfield

Die Zahl invasiver Tier- und Pflanzenarten wächst. Durch den zunehmenden Waren- und Personenverkehr fassen immer häufiger Spezies fernab ihrer ursprünglichen Heimat Fuß und beginnen sich oft schnell gegen die einheimische Konkurrenz durchzusetzen. Die Folgen kommen die Gesellschaft auf zahlreichen Ebenen teuer zu stehen.

Ein internationales Forschungsteam hat sich nun die Zahlen genauer angesehen. Eines der im Fachjournal "Perspectives in Ecology and Conservation" veröffentlichten Ergebnisse: Die weltweiten Kosten durch invasive Arten stehen den Schäden durch Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen in nichts nach. Und: Die Schäden durch invasive Arten stiegen seit der Jahrtausendwende viel schneller als jene durch Naturkatastrophen.

"Einige gebietsfremde Arten werden für heimische Arten zum Problem – als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten", erklärt der Biodiversitätsforscher Franz Essl von der Universität Wien, Co-Autor der Studie. In Mitteleuropa zählen dazu Pflanzenarten wie Ragweed mit stark allergenen Pollen oder Tiere wie der Maiswurzelbohrer – ein Käfer, der im Maisanbau der gefährlichste Schädling ist – und die bei Imkern gefürchtete Varroa-Milbe.

Blick auf die Zahlen

"Das Bewusstsein für eingeschleppte Arten ist jedoch im Vergleich zu jenem für Naturgefahren nach wie vor gering, und Investitionen zur Bewältigung von Neobiota sind immer noch stark unterfinanziert und werden verzögert", schreibt das Team in seiner Arbeit.

Daher haben sich die Forscherinnen und Forscher genauer angesehen, wie hoch die Kosten invasiver Arten durch Schäden wie Ernteausfälle, Krankheiten und Bekämpfungsmaßnahmen weltweit tatsächlich sind und wie sie sich zu Kosten durch Schäden von Naturkatastrophen verhalten.

Die Grafik vergleicht die Kosten durch invasive Arten mit Kosten durch Schäden bei Naturkatastrophen.
Grafik: Turbelin et al.

Einer seit kurzem zugänglichen Datenbank zu den globalen Kosten invasiver Arten zufolge verursachten die Neobiota zwischen 1980 und 2019 weltweit einen Schaden in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar (standardisiert auf US-Dollar 2020). Übertroffen wurden diese Schäden nur durch jene von Stürmen, die in diesem Zeitraum 1,9 Billionen Dollar betrugen.

Dafür liegen die wirtschaftlichen Verluste durch invasive Arten über jenen durch Erdbeben und Überflutungen mit jeweils 1,1 Billionen Dollar und sind um ein Vielfaches höher als die Schäden durch Dürren, Waldbrände und andere Naturkatastrophen.

Kosten durch Ragweed-Allergien

Als konkretes Beispiel verweist Essl auf eine 2012 veröffentlichte Studie, die die direkten, durch Ragweed (auch bekannt als Beifuß-Ambrosie) in Deutschland verursachten Kosten auf mindestens 827 Millionen Euro jährlich geschätzt hat, etwa durch die Behandlungen der Allergiker bzw. durch deren krankheitsbedingte Fehlzeiten. "Da Ragweed in Österreich häufiger ist und sich die Art in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgebreitet hat, lässt sich näherungsweise – und bewusst konservativ – abschätzen, dass die Kosten für Österreich durch diese Art im Minimum bei etwa 80 Millionen Euro jährlich liegen", so Essl.

Ein Maisfeld im Burgenland, Samtpappel (großblättrige Pflanze) und Ragweed (im Vordergrund) nehmen beinahe die Sicht auf den Mais. Beides sind eingeschleppte Unkräuter, die zu erheblichen Ernteausfällen führen.
Foto: Universität Wien/Franz Essl

"Das Ergebnis hat uns selbst überrascht", erklärt Co-Autor Phillip Haubrock vom Senckenberg-Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt (Deutschland). Zudem seien die Schäden invasiver Arten seit der Jahrtausendwende im Vergleich zu jenen im Zeitraum 1980 bis 1999 um 700 Prozent gestiegen. Der Anstieg lag damit wesentlich höher als jener bei den Kosten durch Naturkatastrophen.

Gesetze gegen invasiven Arten

Die Wissenschafter erachten es daher für wichtig, noch besser als bisher jene Arten frühzeitig zu identifizieren, die unter dem Einfluss des Klimawandels große Schäden verursachen können. Die Einschleppung solcher Arten gelte es frühzeitig zu verhindern. "Es ist daher wichtig, die seit dem Jahr 2015 gültige EU-Verordnung zu invasiven Arten strikt umzusetzen und durch nationale Gesetze zu ergänzen", so Essl.

Für Österreich würde sich Essl eine "deutlich ambitioniertere Umsetzung" der EU-Verordnung wünschen. Zuständig dafür seien die Bundesländer, aber auch andere Behörden wie der Zoll, der für die phytosanitären Inspektionen von Importen zuständig ist.

Das mache die Koordination der Umsetzung schwierig, meint der Experte, der es für wichtig hielte, "besonders für proaktive Maßnahmen wie Importkontrollen oder rasche Bekämpfung neu eingeschleppter Arten deutlich mehr an Ressourcen einzuplanen". Über einen eigenen gemeinsam finanzierten "Neobiota Rapid Response Fonds" könnten solche Maßnahmen rasch finanziert werden. (red, APA, 18.4.2023)