Rauch von brennenden und durch Luftangriffe zerstörten Häusern beherrscht derzeit den Himmel in der sudanesischen Hauptstadt.

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Kaum hatte sie begonnen, wurde die Waffenruhe im Sudan auch schon wieder gebrochen. Nur Minuten nach Inkrafttreten der humanitären Feuerpause am Dienstagabend gingen die Kämpfe zwischen den Einheiten der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz weiter. Die Intensität der Luftangriffe auf Ziele in der Hauptstadt Khartum nahm in den frühen Morgenstunden sogar weiter zu. Für Mittwochabend war neuerlich eine 24-stündige Waffenruhe angekündigt, die wiederum nicht lange hielt.

Alan Boswell, Chef der International Crisis Group am Horn von Afrika, warnt vor dem völligen Zusammenbruch der Stadt und einer humanitären Katastrophe. "Der Sudan steht am Rande eines Bürgerkriegs", warnte Boswell: "Das ist das doppelköpfige Monster, das nach Bashir die Macht ergriffen hat. Jetzt haben sich die beiden Köpfe gegeneinander gewendet."

Boswell bezog sich dabei auf Streitkräftechef und De-facto-Präsident Abdelfattah al-Burhan und dessen Vize und RSF-Chef Mohamed Hamdan Dagalo (alias Hemeti), deren Machtkampf in dem aktuellen Gewaltausbruch eskaliert. Die RSF-Miliz ist vor zehn Jahren vom 2019 gestürzten Präsidenten Omar al-Bashir in Darfur gegründet worden. Im aktuellen Konflikt wird Dagalo von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Burhan hat seit langem den Rückhalt Ägyptens.

Übergabe an Kairo

Angeblich waren deshalb auch ägyptische Truppen zur Unterstützung von General Abdelfattah al-Burhan im Sudan. Dagalos RSF soll die Soldaten, die auf dem Flughafen Merowe waren, als die Kämpfe ausbrachen, mittlerweile festgesetzt haben. Laut Medienberichten hat die Miliz am Mittwoch mitgeteilt, sie wolle die Ägypter nach Khartum verlegen und an Kairo übergeben, "sobald die Situation es erlaubt". Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi betonte in dem Zusammenhang, die Truppen im Sudan wären nur zur Ausbildung im Land, nicht zur Unterstützung einer Partei.

Die Lage in Khartum wird jedenfalls immer aussichtsloser. Zivilisten und ausländische Vertretungen hatten vorgehabt, die Hauptstadt in der 24-stündigen Gefechtspause zu verlassen. Die Nahrungsmittelvorräte schwinden, der Strom fällt aus, Trinkwasser fehlt. Menschen, die am Mittwoch versucht hatten, trotz der Kämpfe aus der Stadt zu flüchten, berichteten von unzähligen Leichen in den Straßen. Seit Ausbruch der Kämpfe kamen laut den Vereinten Nationen 270 Menschen ums Leben. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit höher liegen.

Tausende Ausländer sind noch vor Ort, darunter UN-Personal und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der EU-Vertretung im Sudan. Der Leiter der UN-Hilfsorganisation, Martin Griffiths, erklärte am Dienstag, dass auch humanitäre Helfer und Einrichtungen im Sudan angegriffen würden und die Vereinten Nationen "Berichte über Angriffe und sexuelle Gewalt gegen Helfer" erhielten. Am Mittwoch ist auch ein Mitarbeiter der Europäischen Kommission angeschossen worden.

45 Österreicher im Sudan

Zahlreiche Regierungen bemühen sich weiter um Evakuierungen. Auch Österreich koordiniert sich derzeit laut Außenministerium "mit den europäischen Partnern" hinsichtlich der Möglichkeiten einer sicheren Ausreise für Staatsbürger. Derzeit sind rund 45 Österreicher und Österreicherinnen registriert.

Die deutsche Bundeswehr wollte einem Bericht zufolge bereits am Mittwoch gut 150 deutsche Staatsbürger und -bürgerinnen aus Khartum ausfliegen. Die Luftwaffe hat demnach am frühen Morgen drei Transportflieger losgeschickt. Am Vormittag musste der Einsatz aber wegen der Gefechte abgebrochen werden. (Manuela Honsig-Erlenburg, 19.4.2023)