Bis 2030 werden die vererbten Vermögenswerte auf 18 Milliarden Euro ansteigen. Ein Teil davon wird gespendet, dafür ist ein rechtskonformes Testament wichtig.

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Die Pandemie war nur eine große Krise der vergangenen Jahre. Es folgten der Krieg in der Ukraine und Naturkatastrophen wie das Erdbeben in der Türkei. Es verwundert also nicht, dass auch das Spendenaufkommen immer weiter ansteigt – 2022 wurden über 900 Millionen Euro gespendet, zeigt der Spendenbericht des Fundraising-Verbands Austria.

Ein großer Teil der Spenden – 13 Prozent – stammt aus sogenannten Testamentsspenden. Damit vermachen Menschen nach ihrem Tod entweder ihr gesamtes Vermögen oder Teile davon gemeinnützigen Organisationen. In den letzten zehn Jahren haben sie sich verdreifacht, 2022 wurde ein Rekordvolumen von 120 Millionen Euro erreicht.

Großspende

Damit liegen Testamentsspenden noch vor jenen von Unternehmen und gemeinnützigen Stiftungen, die je ein Zehntel der Gesamtspenden ausmachten. Sie erlangen zudem eine immer größere Bedeutung, denn einerseits gibt es immer mehr Menschen ohne Erben, andererseits wird laut Ökonom Stefan Humer auch immer mehr vererbt – bis 2030 sollen die jährlich vererbten Vermögenswerte von aktuell 15 Mrd. Euro auf 18 Mrd. Euro steigen.

Der Rekordwert vergangenes Jahr kam auch durch eine Großspende zustande: Die Unternehmerin Magdalena Walz hinterließ dem Institute of Science and Technology Austria, das im niederösterreichischen Maria Gugging Grundlagenforschung betreibt, ihr Vermögen in der Höhe von 25 Millionen Euro.

Kinderhilfe und Tierschutz

Eine Spende in dieser Höhe sei die absolute Ausnahme, betont Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising-Verbands Austria. "Tendenziell vererben Testamentsspenderinnen und -spender moderate Vermögen zwischen 50.000 und 100.000 Euro." Auch bei Testamentsspenden ist es also die Mittelschicht, die den Großteil der Beträge spendet – genau wie bei Spenden zu Lebzeiten. Denn obwohl 4,5 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher Millionäre sind, stammen weniger als zehn Prozent der Spenden von der Bevölkerungsgruppe mit den höchsten Einkommen. In Deutschland, das eine Millionärsdichte von 4,1 Prozent aufweist, sind es hingegen fast 44 Prozent.

Am beliebtesten sind Spenden an Tierschutz- und Kinderhilfsorganisationen mit je über 30 Prozent. Danach folgen – mit Respektabstand – Spenden für Obdachlose und Katastrophenhilfe. Kinderhilfsorganisationen haben bei Testamentsspenden eine besondere Bedeutung, da über 90 Prozent der Spenderinnen und Spender kinderlos sind. "Wenn Menschen selbst keine Kinder haben, spenden sie gerne an Kinderhilfsorganisationen", erklärt Lutschinger. Doch vermehrt gibt es auch Testamentsspender, die eine eigene Familie haben. Diese spenden meist nicht ihr ganzes Vermögen, sondern nur einzelne Teile – und sprechen dies vorher mit ihrer Familie ab.

Hoher Informationsbedarf

Das Interesse an Testamentsspenden ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Hierzulande können sich 16 Prozent der Menschen über 40 vorstellen, ihr Vermögen nach dem Tod zu spenden. Doch die Hälfte der Befragten bezeichnet sich als wenig bis gar nicht über das Erbrecht informiert, nur 30 Prozent haben bereits ein Testament gemacht.

Hier setzt die Initiative Vergissmeinnicht an, die 2012 von Lutschinger ins Leben gerufen wurde. Gemeinsam mit der Notariatskammer wird versucht, niederschwellig und neutral über das Erbrecht und die Anforderungen an ein Testament zu informieren.

Vertrauensvorschuss

Auf der Website der Initiative sind Erklärvideos zur Testamentserstellung zu finden, außerdem wird bei kostenlosen Veranstaltungen über das Thema aufgeklärt. Mit dabei sind meist auch die Mitgliederorganisationen, die ihre Projekte vorstellen. Über 100 gemeinnützige Organisationen sind mittlerweile Teil der Initiative; sie decken Soziales, Tier- und Umweltschutz genauso ab wie Kulturförderung.

Für potenzielle Spender ist der Einblick in die Projekte besonders wichtig. "Wenn ich mein Vermögen spende und diesen Vertrauensvorschuss biete, will ich die Organisation kennen", sagt Lutschinger.

Testament mit 71 Jahren

Doch nur die Hälfte der Testamentsspender meldet sich vor ihrem Ableben bei einer Organisation. "Die andere Hälfte kennen wir gar nicht", sagt Lutschinger. Die Spenderinnen und Spender tragen einfach einen Verein in ihrem Testament ein – umso wichtiger ist es, dass dieses gültig und eindeutig ist.

Im Durchschnitt sind die Menschen bei Errichtung ihres Testaments 71 Jahre alt. Einschneidende Erlebnisse wie die Pensionierung oder das Gründen einer Familie sind Zeitpunkte, wo Menschen beginnen, über das eigene Testament nachzudenken, sagt Lutschinger.

Angebote für künftige Spenderinnen

Organisationen wie die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs bieten ihren künftigen Spendern als Zeichen der Wertschätzung regelmäßige Treffen zu Kaffee und Kuchen an und unterstützen sie in schwierigen Situationen – etwa wenn ein Umzug ins Altersheim ansteht. Manchmal entsteht so eine jahrzehntelange Beziehung. Nach dem Ableben werden auch die Grabpflege und die Wohnungsauflösung von den begünstigten Organisationen übernommen. (Magdalena Frei, 19.4.2023)