Menschenleere Bahnsteige am Hamburger Hauptbahnhof – ähnlich wie beim Warnstreik am 27. März wird es auch bei der nächsten Arbeitsniederlegung am Freitag aussehen.

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Nichts ging mehr. Kein Fernzug fuhr, auch im Regionalverkehr waren rollende Züge eine Seltenheit. So sah es am 27. März in Deutschland aus. In einer bis dato einmaligen Aktion hatten sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG zusammengetan und zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen.

Jetzt ist es wieder so weit, allerdings ruft diesmal nur die EVG zum Streik auf. Er dürfte dennoch große Auswirkungen haben. Denn zwischen 3 Uhr morgens und 11 Uhr am Vormittag sollen die Beschäftigten in sämtlichen deutschen Bahnbetrieben, in denen verhandelt wird, die Arbeit niederlegen. Das betrifft natürlich den größten Arbeitgeber, die Deutsche Bahn, zudem aber 50 weitere Bahn- und Busunternehmen.

"Wir setzen ein deutliches Zeichen, dass wir nicht die Fahrgäste, sondern die Unternehmen treffen wollen, indem wir diesmal zu einem zeitlich befristeten Warnstreik in den frühen Morgenstunden aufrufen", sagt Cosima Ingenschay vom EVG-Vorstand. Sie betont aber auch: "Kein einziger Zug wird fahren."

Zwölf Prozent mehr Lohn

Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei den rund 50 Bahn- und Busunternehmen und fordert zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Der Staatskonzern Deutsche Bahn hat fünf Prozent mehr und Einmalzahlungen von bis zu 2.500 Euro angeboten.

Kritik am Warnstreik kommt von der Bahn. "Die EVG hat Maß und Mitte komplett verloren und setzt nur auf Krawall", sagt Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Denn der Freitag sei der reisestärkste Tag in Deutschland.

Von der Schiene in die Luft auszuweichen wird auch schwierig. Denn Verdi hat für Freitag zu Warnstreiks an den Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg aufgerufen, auch am Donnerstag wurde dort gestreikt. Das, so die EVG, sei aber ein zeitlicher Zufall, man habe sich nicht abgesprochen.

Empfehlung im Schlichtungsverfahren

Bei den Verhandlungen im öffentlichen Dienst wurde mittlerweile ein Schlichtungsverfahren eingeleitet, es liegt auch ein Schlichterspruch vor, der so aussieht: Die rund 2,5 Millionen Beschäftigten beim Bund und in den Kommunen sollen bis Februar 2024 einen Ausgleich von 3.000 Euro für die Inflation bekommen. Das Geld ist steuerfrei und wird in Raten ausbezahlt. Ab 1. März 2024 würden die Tarifgehälter dann zunächst um einen Sockelbetrag von 200 Euro und danach um 5,5 Prozent erhöht, insgesamt aber mindestens um 340 Euro. Die Laufzeit soll 24 Monate rückwirkend ab Jänner 2023 betragen.

Reisende in Deutschland müssen sich in den nächsten Tagen auf Unannehmlichkeiten einstellen.
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Das ist aber noch keine Einigung, sondern nur die Empfehlung der Schlichter, über die noch verhandelt werden muss. Der Deutschen Bahn gefällt der Vorschlag, sie würde ihn gern für ihre Beschäftigten übernehmen. Das passt aber der EVG nicht, sie erwartet, dass "von der Deutschen Bahn nicht Empfehlungen an andere Gewerkschaften abgeschrieben werden, sondern konkret auf unsere Forderungen eingegangen wird". Und die EVG sieht sich beim Streiken noch längst nicht am Ende. Sollten die Arbeitgeber nicht nachgeben, könnte es auch zu mehrtägigen Warnstreiks kommen.

Den Streik am Freitag wird man auch in Österreich bemerken. Züge von und nach Deutschland werden kurzgeführt oder fallen aus. In Wien fallen am Donnerstag 26 von 40 Flügen aus Deutschland aus, in Salzburg vier Ankünfte, in Graz fand der Morgenflug nach Düsseldorf nicht statt. Am Freitag werden in Salzburg drei Abflüge nach Düsseldorf und zwei Ankünfte von dort ausfallen. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.4.2023)