Die Ermittlungen im Fall des 2007 in Portugal verschwundenen Mädchens laufen ungeachtet der Anklage weiter.

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Das ungeklärte Schicksal der Britin Madeleine McCann, Maddie genannt, bewegt viele Menschen seit 2007. Damals, am 3. Mai, verschwand die knapp Vierjährige aus einer Ferienanlage im portugiesischen Praia da Luz – während ihre Mutter und ihr Vater mit Freunden im Restaurant aßen.

Als die Eltern in das Appartement zurückkamen, stand das Fenster offen, das Kind war weg. Bis heute weiß man nicht, was passiert ist.

Mehr Informationen oder gar Aufklärung des Falles – so dachten viele – hätte ein demnächst beginnender Prozess vor dem Landgericht Braunschweig in Deutschland bringen können.

Wegen Vergewaltigung in Haft

Im Oktober 2022 hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig (Niedersachsen) Anklage gegen den 45-jährigen Deutschen Christian B. erhoben. Ihm wurden drei Ver gewaltigungen sowie zweifacher schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen.

Passiert sein soll dies zwischen den Jahren 2000 und 2017 in Portugal, wo B. lebte. Zu dem Zeitpunkt, als die Behörde in Braunschweig ihre Anklage erhob, saß B. schon in Niedersachsen in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg. Er war zu einer siebenjährigen Haftstrafe wegen Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin verurteilt worden. Die Tat hat er im Jahr 2005 in Portugal begangen.

Im Herbst 2022, als die Staatsanwaltschaft die neue Anklage bekanntgab, erklärte sie auch: "Die Zuständigkeit Staatsanwaltschaft Braunschweig ergibt sich aus dem Umstand, dass der Angeschuldigte vor seinem Auslandsaufenthalt seinen letzten Wohnsitz in Braunschweig hatte."

Für unzuständig erklärt

Auf die Ermittlungen zu McCann bezog sich die Anklage allerdings nicht, man erhoffte sich aber Informationen, da sich B. zum Zeitpunkt des Verschwindens von Madeleine in der Region Praia da Luz aufgehalten habe.

Die Staatsanwaltschaft in Portugal hatte im April 2022 erklärt, dass im Fall Maddie ein deutscher Verdächtiger offiziell beschuldigt worden sei. Zur Identität machte sie keine Angaben. Medien gehen davon aus, dass es sich um Christian B. handelt.

Doch das Landgericht Braunschweig wird keine Erkenntnisse zutage fördern. Es hat sich, nach Angaben von B.s Anwalt Friedrich Fülscher, "für unzuständig erklärt" und auch den Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufgehoben.

Zweifel des Anwalts

Fülscher hatte die Zuständigkeit des Landgerichts schon zuvor an gezweifelt. Denn der verdächtigte B. hatte in Deutschland zuletzt in einem anderen Bundesland als Niedersachsen gelebt, nämlich in Sachsen-Anhalt. Dort war er als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen, bevor er nach Portugal floh.

Damit könnte die Staatsanwaltschaft Magdeburg in Sachsen -Anhalt zuständig sein. Infrage kommt laut Bild-Zeitung auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder (Brandenburg). Dort war B. nach seiner Verhaftung im Jahr 2018 in Italien den deutschen Behörden übergeben worden.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte im Herbst 2022 noch erklärt: "Der über 100 Seiten umfassenden Anklageschrift sind mehrjährige, sehr intensive und aufwendige Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern, insbesondere durch das Bundeskriminalamt, vorangegangen." (bau, 20.4.2023)