Ein Selbstläufer ist er natürlich nicht, der Vienna City Marathon. Da steckt schon viel Organisation dahinter. Wolfgang Konrad, der den Marathon ins Laufen gebracht hat, überlässt mittlerweile einen Großteil der Arbeit seinem Sohn Dominik Konrad, dieser führt nun gemeinsam mit Kathrin Widu die VCM-Geschäfte und verantwortet am Sonntag (neun Uhr, ORF Sport +) die 40. Marathon-Auflage.

Schon vor dem Startschuss zum Jubiläum konnte Konrad junior mit bemerkenswerten Fakten aufwarten. Insgesamt 40.000 gehen in den diversen Bewerben, von denen einige schon am Samstag stattfinden, an den Start, allein 9000 nehmen sich den klassischen Marathon vor, so viele wie seit 2016 nicht. Überraschend ist hier die Frauenquote, die bei 23 Prozent liegt – kein Vergleich zum ersten Wien-Marathon, da lag sie bei zwei Prozent. Noch deutlich höher ist der Frauenanteil im Halbmarathonfeld (40 Prozent).

Dem Frauenlauf hat Julia Mayer mehrmals ihren Stempel aufgedrückt, jetzt läuft sie bei ihrem Marathondebüt auf den Rekord los.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Im Marathon sollen, so lautet der Plan, gleich mehrere Bestmarken fallen. Das meint die Streckenrekorde der Kenianerin Vibian Chepkirui (2:20:59) aus dem Vorjahr sowie des Äthiopiers Getu Feleke (2:05:41) aus dem Jahr 2014. Das meint aber vor allem auch die österreichische Frauenbestmarke über 42,195 Kilometer. Sie steht bei 2:30:43 Stunden und ist im geteilten Besitz von Andrea Mayr, die schon 2009 so schnell war, und Eva Wutti, die 2020 ebenfalls in Wien gleichziehen konnte. Nun macht Julia Mayer kein Hehl daraus, dass sie am und ab Sonntag ganz oben rangieren will. Sie will, sagt sie selbstbewusst, als erste Österreicherin die 2:30 knacken. Und das soll nur eine Zwischenstation sein, auf Sicht strebt sie 2:26 an.

Das Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr, sondern aus einem gut halbjährigen Aufbau, den Mayer (30) störungsfrei absolviert hat. Die in Wien lebende Niederösterreicherin, als Mittelschullehrerin karenziert, hat hohe Umfänge bewältigt, viele "qualitativ hochwertige Läufe" absolviert, zweimal lief sie flotte 40 Kilometer, da fehlt auf den Marathon nicht viel. "Es war eine wunderschöne Reise", fasst sie zusammen. "Ich bin so gut vorbereitet, dass es für mich Spaß machen kann." Die Reise hat sie auch zweimal nach Südafrika geführt, wo sie relativ nah bei Johannesburg in der Höhe trainierte und dennoch auf 200 Kilometer pro Woche kam. Erst zuletzt schaltete sie zurück. "Da wird einem dann fast fad."

Das nächste Kapitel

Mayer hat jahrelang Fußball gespielt, im Laufsport ist sie eine Spätberufene, erst 2017 legte sie los. Und doch hat sie schon an die 20 Meistertitel gesammelt, zudem hält sie die Rekorde über fünf und zehn Kilometer sowie im Halbmarathon. Nun schlägt sie mit ihrem ersten Marathon das nächste Kapitel auf. "Ich hatte noch nie so viel Freude am Training wie in den vergangenen sechs, sieben Monaten", sagt sie. "Ich habe mich immer mehr gesteigert. Jetzt will ich das umsetzen, was ich mir erarbeitet habe."

Andreas Vojta will nach circa 2:10 Stunden ankommen.
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Das schwebt auch Andreas Vojta (33) vor, der wie Mayer seinen ersten Marathon auf Zeit läuft, aber anders als sie schon eine halbe Ewigkeit auf Mittel- und Langstrecken unterwegs ist. Der Niederösterreicher hat sich den Umstieg "fast ein bisserl wilder vorgestellt", schließlich sei der Marathon eine spezielle Herausforderung. "Als würde ich eine neue Sportart lernen." Der größte Unterschied zum nicht selten auf Fullspeed ausgelegten Training für "kürzere" Strecken? "Man rennt die längste Zeit in einem Tempo, bei dem man sich denkt, dass man eigentlich zu langsam ist."

Dieses Gefühl will Vojta auch am Sonntag möglichst lange haben. Ab Kilometer 32 oder 35 beginne der Marathon quasi neu, da weise sich auch, "ob vielleicht der Mann mit dem Hammer kommt". Vojta will mit Optimismus wie Respekt an die Aufgabe herangehen und die spezielle Atmosphäre aufsaugen, die es in Wien "nur einmal im Jahr" gebe. "Da knistert es in der Luft." Wenn alles und wenn vor allem er nach Plan läuft, traut er sich eine Zeit um 2:10 Stunden zu. Das könnte einen österreichischen Rekord bedeuten. Dieser steht seit 2020 bei 2:10:06 und gehört Peter Herzog. (Fritz Neumann, 22.4.2023)