In Graz sollen Besitzerinnen und Besitzer großer Autos künftig mehr fürs Parken bezahlen.

Foto: Christian Fischer

Autos werden immer länger, höher, breiter und schwerer. Wer den Markt in den letzten Jahrzehnten beobachtet hat oder selbst einen Pkw kaufen wollte, wird sich darüber kaum wundern. Das französische Beratungsunternehmen Inovev hat nun konkrete Zahlen vorgelegt – zumindest für Autos, die in Europa gebaut wurden. Demnach sind die Fahrzeuge seit 2000 im Schnitt um sieben Zentimeter höher, zehn Zentimeter breiter und 20 Zentimeter länger geworden. Bis 2022 hat das durchschnittliche Gewicht laut der Studie sogar um 20 Prozent zugenommen.

VIDEO-REPORTAGE: Warum das Auto immer noch das Maß aller Dinge ist. Autos schaden der Umwelt und brauchen viel Platz. Warum das Auto in Wien immer noch so viel Raum einnimmt und was andere Städte anders machen.
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Mehr SUVs und Elektros

Grund dafür ist ein starker Anstieg an SUVs und Elektrofahrzeugen, die im Durchschnitt mehr Masse haben. SUVs machen laut Inovev inzwischen 40 Prozent der Produktion in Europa aus, elektrifizierte Fahrzeuge 25 Prozent. Auch die Zulassungszahlen für diese Fahrzeugklassen sind deutlich gestiegen. Während im Jahr 2000 drei Prozent der Neuzulassungen in Europa SUVs waren, ist der Wert im vergangenen Jahr auf satte 46 Prozent gestiegen. Unter den 20 meistverkauften vollelektrischen Autos in Europa sind laut Inovev acht SUVs, unter den 20 meistverkauften Plug-in-Hybriden sogar 16 SUVs.

Für die kommenden Jahre rechnen die Berater aufgrund des aktuellen Modellangebots der Autohersteller mit weiteren Zuwächsen. Die Autobauer kommen damit nicht zuletzt einem Wunsch der Kundinnen und Kunden nach, die sich von neuen Autos Verbesserungen erwarten. Sie wollen höhere Sitze, um eine bessere Übersicht zu haben. Größere Autos bieten zudem mehr Sicherheit, mehr Stauraum und mehr Komfort. Auch kleinere Fahrzeuge werden deshalb tendenziell größer. Die aktuelle Version des VW Polo ist mittlerweile größer als der erste VW Golf von 1974. Dieser Golf aus dem Jahr 1974 wog übrigens 750 Kilogramm. Der aktuelle bringt bis zu 1.600 Kilo auf die Waage.

Wenige Parkplätze, wenig Effizienz

Die Entwicklung ist gleich auf mehreren Ebenen problematisch. Die Mindestbreiten für Parkplätze sind in den letzten Jahrzehnten nicht mitgewachsen, was vor allem in Städten auffällt. Auf dem gleichen Raum ist dort für weniger Autos Platz als noch vor Jahren. Ältere Tiefgaragen sind für neue Autogrößen oft nicht ausgelegt, geschweige denn Straßen: An Stellen, wo früher problemlos zwei Autos aneinander vorbeifahren konnten, ist heute zu wenig Platz. Auch in Sachen Verkehrssicherheit wird das zum Problem.

Dazu kommt der Umweltaspekt: Je größer ein Fahrzeug, desto mehr Ressourcen werden bei der Herstellung benötigt. Größere Autos brauchen zudem im Betrieb mehr Energie, Effizienzgewinne gehen so zum Teil wieder verloren. Fachleute sprechen dabei vom Rebound-Effekt: Mit fortschreitender Entwicklung sinkt der Verbrauch der Fahrzeuge, die durchschnittliche PS-Leistung von Neuwagen wächst gleichzeitig aber an. Laut einer Schätzung des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) aus dem Jahr 2018 ist der Energieeinsatz je Fahrzeugkilometer seit 2000 um zehn Prozent gesunken. Rechnet man Fahrzeuggewicht und -leistung heraus, hätte der Rückgang bei 15 Prozent liegen können. Insgesamt ist der Energiebedarf des Pkw-Verkehrs im selben Zeitraum freilich stark gestiegen, weil mehr Autos unterwegs sind.

Höchster Wert im städtischen Wien

Österreich ist bei den Neuzulassungen voll im europäischen Trend. Seit 2005 hat sich der SUV-Anteil in Österreich von 8,2 auf aktuell 43 Prozent mehr als verfünffacht. 2022 wurden in Österreich 92.387 SUVs und Geländewagen neu zugelassen – die meisten davon in Wien. 29,3 Prozent aller neuen SUVs werden mit Benzin angetrieben, 28,5 Prozent haben einen Hybridantrieb, 19,7 Prozent einen Dieselmotor, 22,5 Prozent sind E-Autos.

Eine Idee, die Abhilfe schaffen könnte, wird derzeit in Graz diskutiert. Parken soll für größere Autos teurer werden als für kleinere. Derzeit kostet Dauerparken zehn Euro im Monat, künftig könnten zwei zusätzliche Tarife dazukommen: einer für Pkws ab einer Länge von 4,21 Metern, ein zweiter ab 4,70 Metern. 50 bis 60 Prozent mehr sollen Besitzer eines entsprechend großen Wagens künftig zahlen. Unumstritten ist die Lösung nicht, schließlich sagt die Größe nicht immer alles über den Verbrauch aus: Ein kleiner Sportwagen produziert mitunter mehr Ausstoß als ein großes umweltfreundliches Elektroauto. (Jakob Pflügl, 24.4.2023)