Leider vernimmt man das prächtige bayrisch-österreichische Zeitwort "wurzen", in der Bedeutung von "übervorteilen", "ausnutzen", nur mehr selten. Man hört es kaum, man liest es kaum, auf jeden Fall weniger als das emblematische Vokabular ("Dragqueen", "toxisch" etc.) des Zeitgeists, das an allen Ecken und Enden herauslugt. Dabei hat noch der große Satiriker Karl Kraus das Wurzen als eine der zentralen Tätigkeiten der Fremdenverkehrsinstitutionen bedichtet: "I, I, I, wir wurzen wie noch nie."

Wenn Suppengemüse über Nacht 1,99 Euro kostet, dann fragt man sich schon.
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Die gegenwärtige Unterbelichtung des Wurzens ist umso erstaunlicher, als alles auf ein energisch betriebenes, gesamtösterreichisches Wurzgeschehen hindeutet. Umsonst kommt man nicht auf eine solche Spitzeninflationsrate wie unsereins. Die Sprachrohre der Lebensmittelkonzerne und der Gastronomie weisen zwar jeden Kollektivverdacht entrüstet von sich, und man soll nicht verallgemeinern. Aber wenn dann ein sogenanntes Suppengemüse – vier Karotten, eine halbe Selleriescheibe, ein Stängel Petersilie – über Nacht nicht mehr 1,49 Euro, sondern 1,99 Euro kostet, dann fragt man sich schon.

So gesehen wäre eine gut systematisierte, leicht zugängliche Preisdatenbank sehr erwünscht. Man könnte sie auch Wurzdatenbank nennen. Sie sollte dazu dienen, die beherztesten Wurzerinnen und Wurzer zu identifizieren, auf dass diesen nicht nur fetter Gewinn, sondern auch ein erhöhter Erklärungsbedarf zuteilwird. (Christoph Winder, 23.4.2023)