Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro wurde beim Internationalen Strafgerichtshof wegen der Abholzung des Regenwaldes angezeigt. Noch gibt es aber keinen eigenen Straftatbestand für Umweltverbrechen.

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Als der britische Journalist und Autor Philippe Sands im Jahr 2021 den Straftatbestand des "Ökozids" entwickelte, hatte er vor allem ein Ziel vor Augen: eine breite Diskussion darüber anzustoßen, ob einzelne Staatschefs für Umweltverbrechen zur Verantwortung gezogen werden sollen. Mit seinem Essay "Umwelt und Strafe: Überlegungen zum Ökozid" hat sich der Wiener Völkerrechtler Ralph Janik nun dieser Diskussion angenommen.

Jahrhundertelang fokussierte sich das klassische Völkerrecht auf Kriegsrecht. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts spielte allmählich auch die Umwelt eine Rolle. Verpflichtet waren aber stets nur staatliche Institutionen. Der Umweltschutz wurde als Schutz des menschlichen Lebensraums aufgefasst, nicht jedoch als Selbstzweck.

"Ehemalige Utopien"

In seinem Essay skizziert Janik, wie sich das in den letzten Jahrzehnten zunehmend änderte. Seit der Gründung internationaler Strafgerichte richtet sich der Fokus auf der Täterseite nicht mehr nur auf Staaten und Institutionen, sondern auch auf einzelne Personen. Auf der Opferseite erkennt das Völkerrecht die Umwelt zunehmend als Subjekt mit eigenen Rechten an. Beide Entwicklungen könnten in einem Ökozid-Tatbestand münden.

Derzeit ist das zwar unwahrscheinlich, gleichzeitig sei das Völkerrecht aber von vielen "ehemaligen Utopien geprägt", betont Janik. Eine tiefer gehende juristische Analyse des Ökozid-Tatbestands bietet der Essay nicht. Der Text richtet sich vielmehr an eine breite Leserschaft, die sich einen ersten Überblick über das Thema verschaffen will. (Jakob Pflügl, 25.4.2023)