Wer wünscht hier wem alles Gute? Im Bild war es wohl noch Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer (li.), der Wilfried Haslauer beim "Auftakt zum Wahlkampf-Endspurt der ÖVP" zur Salzburg-Wahl beehrte. Spätestens im Herbst 2024 wird Nehammer alle Glückwünsche annehmen.

Foto: APA / Franz Neumayr

Nach dem dauerhaften blauen Auge, das sich die bis zur Landtagswahl im Jänner absolut regierende und jetzt mit der FPÖ koalierende ÖVP in Niederösterreich geholt hatte, und dem geräuscharmen Zwischenerfolg der Kärntner Volkspartei, der auch die Bundes-ÖVP überraschte, fand die Wahl in Salzburg wieder unter einer dunkelblauen Wolke statt. Der Haupt- und Angstgegner war dort – wie da im Bund – die FPÖ. Aber Landeshauptmann Wilfried Haslauer konnte sich und seine ÖVP mit 30,4 Prozent – wenngleich mit einem fetten Minus von 7,4 Prozentpunkten – wieder als Nummer eins ins Ziel retten. Hinter ihm diesmal aber die FPÖ und nicht mehr die SPÖ wie vor fünf Jahren.

Fettes Minus – so wollte es ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer nicht sehen. Er sah etwas ganz anderes, nämlich einen "Sieg mit Minus". So nannte er das ÖVP-Wahlergebnis am Sonntagabend bei der ÖVP-Wahlparty. Haslauer habe sein Ziel erreicht, nämlich Erster zu bleiben, betonte der Kanzler. Wenngleich es eben ein "Sieg mit Minus" sei, über das auch die Bundespartei nachdenken müsse.

Der ÖVP-Chef sieht überhaupt einen Trend in dem Wahlergebnis – nicht zuletzt nach dem Verlust der Absoluten in Niederösterreich. Jene, die politische Verantwortung tragen, seien aufgrund mehrerer Krisen wie Teuerung, Ukrainekrieg oder Pandemie mit den Ängsten der Menschen konfrontiert, während jene, die auf komplexe Fragen einfache Lösungen anbieten – "rechts wie links" –, in dieser Situation profitieren würden.

Die KPÖ macht Nehammer Sorgen

Der Wahlerfolg der Kommunisten "macht mir Sorgen", sagte Nehammer, der mit "redlicher Politik" reagieren und den Menschen so zeigen will, "dass wir ihre Sorgen ernst nehmen".

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hatte in einer ersten Reaktion eine Art Landeshauptmann-Malus zur Ursachenanalyse herangezogen. Ein Phänomen, das nicht nur die schwarzen Landeshauptleute ereile, sondern auch rote wie den Kärntner Peter Kaiser. Das verlustreiche Ergebnis hätten sich die Salzburger Volkspartei und Landeshauptmann Haslauer aber nicht verdient, sagte der Parteimanager aus der Bundeszentrale der Volkspartei. Aber, wie gesagt, Haslauer sei da auch nicht der einzige Landeshauptmann, dem – und dessen Partei – es so ergangen sei. Die Wählerinnen und Wähler wechselten dann zu Protestparteien am linken und rechten Rand. Auswirkungen auf die Zukunft Haslauers sah Stocker angesichts von Platz eins vorerst nicht. Und Auswirkungen auf die Bundes-ÖVP? "Sehe ich keine", meinte Stocker.

E-Fuels alleine werden wohl nicht genügen

Ist es wirklich so einfach? Nein. Natürlich heißt es für die Bundes-ÖVP jedenfalls, dass etwas passieren muss. Denn die Kanzlerpartei war seit Dezember 2021 in keiner einzigen Umfrage mehr auf Platz eins. Bis Mitte Dezember 2022 lag die SPÖ vor ihr, danach setzten sich die Blauen an die Spitze. Kanzler Nehammer versucht jetzt einmal, mit der Österreicher liebstem Spielzeug, dem Auto, gegenzusteuern. E-Fuels sollen doppelt mobilisieren – im Verkehr und hin zur ÖVP.

Ein paar hilfreiche Hinweise könnte die Wahlbefragung von Sora/ISA liefern. Demnach unterschied sich der Kampf um Platz eins je nach Wählergruppe. Die ÖVP wurde vor allem von Menschen über 60 Jahren gewählt (44 Prozent). Die FPÖ hingegen war bei der Gruppe zwischen 30 und 59 besonders erfolgreich und setzte sich dort mit 31 Prozent an die Spitze. Bei Arbeiterinnen und Arbeitern kamen die Freiheitlichen gar auf 52 Prozent und damit eine absolute Mehrheit.

Die ÖVP hat vor allem jene mobilisiert, die in den vergangenen fünf Jahren in Salzburg eine positive Entwicklung festgestellt haben, in dieser Gruppe erreichte sie 59 Prozent. Die FPÖ hingegen war Profiteurin der negativen Stimmung, sie konnte bei jenen mit negativem Blick auf die vergangenen Jahre 44 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Eine "Herkulesaufgabe" für die ÖVP

Genau diese Tatsache nahm Haslauers Parteifreund und Kollege aus der Steiermark, der dortige Landeshauptmann Christopher Drexler, in den Blick. Haslauer sei zwar "mit Abstand die Nummer eins", erklärte er, fügte aber mit Blick auf die Erfolge von FPÖ und KPÖ hinzu: "Viele Menschen hadern mit klassischen Parteien." Darum komme auf die ÖVP eine "Herkulesaufgabe" zu, um vielen verunsicherten Menschen wieder Perspektive und Optimismus zu geben. Das sei kein regionales oder nationales Phänomen. (nim, 24.4.2023)