Die Spitzenkandidaten nach geschlagener Wahl (von links): Kay-Michael Dankl, Martina Berthold, Wilfried Haslauer, Marlene Svazek, David Egger und Andrea Klambauer.
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Die große Überraschung des Salzburger Wahlsonntags lieferte die KPÖ: Sie übertraf die Prognosen bei weitem und kam mit einem Ergebnis von 11,7 Prozent sogar auf den vierten Platz, noch vor den Grünen und den Neos. Noch deutlicher war der dunkelrote Erfolg in der Landeshauptstadt Salzburg: Die Kommunisten erreichten hier knapp 22 Prozent und wurden zweitstärkste Kraft hinter der ÖVP. Damit kommt die KPÖ dem Ergebnis in Graz schon relativ nahe, dort stellen die Kommunistinnen mit Elke Kahr die Bürgermeisterin. Der Salzburger KPÖ-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl, bisher Gemeinderat in Salzburg, kann sich ernsthaft Chancen ausrechnen, bei der 2024 anstehenden Gemeinderatswahl in die Bürgermeisterstichwahl zu kommen.

Die ÖVP blieb am Sonntag die stärkste Kraft im Bundesland, musste aber herbe Verluste hinnehmen. Mit einem Minus von 7,4 Prozentpunkten blieb die Partei von Landeshauptmann Wilfried Haslauer nur ganz knapp über der 30-Prozent-Marke. Haslauer selbst betonte, man habe das wichtigste Wahlziel erreicht, nämlich Erster zu bleiben. Das erschien im Lauf des Wahltags nicht immer ganz sicher, die FPÖ rückte der ÖVP gefährlich nahe. Letztlich erreichten die Freiheitlichen mit 25,7 Prozent den zweiten Platz. Sie überholten damit nicht nur die SPÖ, sondern hielten diese auch deutlich auf Abstand.

Politische Großwetterlage

Die Salzburger Sozialdemokraten mussten ein Minus von mehr als zwei Prozentpunkten hinnehmen, am Ende des Wahltags gab es 17,9 Prozent für die SPÖ. Spitzenkandidat David Egger, der das historisch schlechteste Wahlergebnis bei Landtagswahlen zu verantworten hat, wollte vorerst keine persönlichen Konsequenzen ziehen. Das sei "Sache der Gremien". Egger: "Das Minus kann man nicht schönreden. Die bundesparteipolitische Großwetterlage hat vielleicht nicht ganz gut reingespielt."

Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner meinte, man müsse "wieder gemeinsam und geschlossen auf unsere sozialdemokratischen Kernthemen setzen". Ihr Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch kritisierte Rendi-Wagners Gegenkandidaten im Kampf um die Parteiführung, also Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, für Querschüsse und "Kasperltheater"-Sager. Deutsch teilte auch gegen den Salzburger Spitzenkandidaten Egger aus, dieser habe mit Äußerungen zum Glaubwürdigkeitsproblem der SPÖ dieses Problem sehr stark zu sich nach Salzburg gezogen. Egger unterstützt übrigens Doskozil. Deutsch betonte, "es kann niemals die Lösung für die SPÖ sein, in Richtung FPÖ zu schielen und die Partei nach rechts zu rücken".

Die Retourkutsche aus dem Burgenland kam prompt. Die Bundespartei habe "keine Rücksicht genommen" und schon vor der Wahl mit der Debatte über den Bundesparteivorsitz begonnen, kritisierte SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst.

Auch Babler meldete sich zu Wort, er ortete "eine enorme Sehnsucht in Österreich nach authentischer, sozialer Politik". Auch das sei ein Grund, warum er kandidiere.

In der ÖVP stellt man jegliche bundespolitischen Auswirkungen in Abrede. ÖVP-General Christian Stocker bezeichnete das Ergebnis zwar als schmerzlich, aber immerhin sei Wilfried Haslauer Nummer eins geblieben, und stelle zu Recht den Führungsanspruch. Auf Bundesebene steige die Nervosität keineswegs. Von einer Linienänderung oder einer deutlicheren Abgrenzung vom grünen Koalitionspartner im Bund will Stocker nichts wissen. Es gebe den festen Willen, die Legislaturperiode bis Herbst 2024 zu Ende zu bringen und dann wieder Nummer eins im Bund zu werden.

"Sieg mit Minus"

Bundeskanzler und Parteichef Karl Nehammer wurde bei der Salzburger Wahlparty mit tosendem Applaus empfangen. Er selbst sah die allgemeine Krise für das Wahlergebnis verantwortlich. Es sei ein "Sieg mit Minus", über das auch die Bundespartei nachdenken müsse.

Karl Nehammer freute sich mit Wilfried Haslauer über einen "Sieg mit Minus".
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Eine Koalitionspräferenz wollte Nehammer nicht erkennen lassen, als Bundespolitiker sei er gut beraten, sich nicht in Koalitionsverhandlungen einzumischen. Haslauer betonte, er werde mit allen Parteien reden, auch mit der KPÖ als Geste des Willkommens im Landtag. Eine Koalition mit der KPÖ schloss er ebenso aus wie umgekehrt KPÖ-plus-Kandidat Dankl selbst. Sollte sich Haslauer aus der Politik zurückziehen, stünde als Nachfolger der bisherige Verkehrslandesrat Stefan Schnöll bereit.

Das Kanzleramt im Blick

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht sich in seinem Kurs bestätigt, er hat bereits die 2024 stattfindende Nationalratswahl im Blick: "Der Wahlausgang in Salzburg ist der Abschluss einer für die FPÖ höchst erfolgreichen Serie von Landtagswahlen der letzten Monate. Es ist uns gelungen, den Schulterschluss mit der Bevölkerung weiter zu festigen. Das ist auch auf Bundesebene ein Auftrag, um konsequent und geradlinig weiterzuarbeiten." Kickl will jetzt "Anlauf aufs Kanzleramt" nehmen und spricht bereits von einer "Bundesregierung unter freiheitlicher Führung".

Erst einmal geht es um den Platz der FPÖ in der Salzburger Politik. "Ich bin bereit für Verhandlungen", sagte die freiheitliche Spitzenkandidatin Marlene Svazek noch am Wahlabend. Das sei ein "unglaubliches Ergebnis", erklärte Svazek, der Wählerwille sei es, "dass die Freiheitliche Partei Verantwortung übernimmt".

Für die ÖVP wäre jetzt eine Zweierkoalition mit der SPÖ oder der FPÖ möglich, auch eine Dreierkoalition mit SPÖ und Grünen ist denkbar. Das wäre zwar eine Koalition der Verlierer, Haslauer könnte sich damit aber eine Koalition mit der von ihm wenig geschätzten FPÖ ersparen.

So kämen auch die Grünen wieder in die Landesregierung. Sie mussten am Sonntag ein Minus von 1,1 Prozentpunkten hinnehmen und kamen auf 8,2 Prozent. Die grüne Spitzenkandidatin Martina Berthold betonte, "offen für Gespräche" zu sein. Die Grünen, die derzeit in einer "Dirndlkoalition" mit ÖVP und Neos sitzen, konnten trotz Verlusten an Stimmen ihre drei Mandate im Landtag halten.

Pinker Abgang

Katerstimmung herrscht bei den Neos. Ein Minus von 3,1 Prozentpunkten bedeutet auch das Ausscheiden aus dem Landtag und damit das Ende der pinken Regierungsbeteiligung. Spitzenkandidatin Andrea Klambauer, bisher Landesrätin, sprach von einer herben Enttäuschung. "Die Populisten auf beiden Seiten haben enorm dazugewonnen." Das schlechte Abschneiden begründet Klambauer damit, dass alle Regierungsparteien abgestraft würden, "bei uns ist der Spielraum nicht so groß". Die Neos in Salzburg hätten Lehrgeld für fehlende Strukturen und fehlende Kommunikation bezahlt. (Thomas Neuhold, Stefanie Ruep, Michael Völker, 23.4.2023)