Im Gastblog identifiziert Christina Fadler fehlende staatliche Maßnahmen, mit denen die Umsetzung eines Kinderwunschs verbessert werden könnte.

An diese naive Frage muss ich heute oft zurückdenken. Andere Mädchen haben sie mir schon als Teenager oft gestellt. Und auch ich habe meine Freundinnen das gefragt. Fast alle wollten Kinder haben: eines oder zwei. Wann? Sicher vor 30! Von tatsächlicher Fortpflanzung waren wir noch weit weg, und viel wichtiger wurde dann bald die Verhütung einer Schwangerschaft. Aber trotzdem gab es da immer diese romantische Teenagervorstellung von einer Zukunft mit Kind.

Umso stärker hat sich mir die erste Freundin eingeprägt, die diesen Traum dann lautstark aufgegeben hat. Mit 30. Weil einfach kein Partner da war. Und sie immer jung Mutter werden wollte, ihren Partner schon ausreichend lang kennen usw. usf. Sie stellte fest: "Das geht sich alles einfach nicht mehr aus. So habe ich mir das nicht vorgestellt." Sie hat sich tatsächlich von ihrem Traum verabschiedet – und ist heute beruflich selbstständig und glücklich. Mich hat das damals beeindruckt, weil ich an sich zwar auch jung Mutter werden, aber deshalb sicher nicht mit 30 meinen Kinderwunsch ganz aufgeben wollte. Die Realität in meinem Umfeld war einfach anders: erst das Studium, zahlreiche Praktika, keinen fixen Job und keinen fixen Partner finden ... Tinder statt Kinder. Und viele Männer – und auch Frauen –, die sich einfach nicht früh binden möchten. Und schon gar nicht vor 30 Kinder kriegen.

Das Durchschnittsalter österreichischer Frauen beim ersten Kind liegt derzeit bei 31,5 Jahren. Auch die Zahl der Singlehaushalte steigt stetig. 2021 wohnten mehr als 1,5 Millionen Menschen allein – mehr als jeder dritte Privathaushalt. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich die Zahl der Einpersonenhaushalte nahezu verdoppelt. Es lag also definitiv nicht nur an meinem Umfeld. Immer mehr Menschen bekommen immer später Kinder – oder eben gar nicht mehr.

Die Frage, ob man Kinder bekommen möchte, hängt auch von den umgebenden Rahmenbedingungen ab. Diese sind momentan nur unzureichend vorhanden.
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Unzureichende Rahmenbedingungen

Trotzdem reagiert die Gesetzgebung nur langsam auf diese Entwicklungen. Aufklärung über sinkende Fruchtbarkeit? Gibt es kaum. Staatlich unterstützte Vorsorgeuntersuchungen, die Fruchtbarkeit miteinschließen? Gibt es gar nicht. Statt die Fruchtbarkeit (abseits des IVF-Fonds) zu fördern, werden Hindernisse in den Weg gelegt. Unter anderem verbietet der österreichische Staat Frauen, ihre Eizellen aus sozialen Gründen einzufrieren. Möglich ist das nur, wenn bestimmte Krankheitsbilder vorliegen – zum Beispiel eine geringe Eizellreserve oder Endometriose. Nach wie vor vergehen aber noch sechs bis acht Jahre, bis Endometriose diagnostiziert wird, notwendig ist dafür meistens eine Operation. Und auch eine geringe Eizellreserve wird oft erst im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung entdeckt. Fruchtbarkeit wird im Rahmen der Vorsorge nicht untersucht. So wissen die wenigsten Frauen (und Männer), wie es um ihre Fruchtbarkeit bestellt ist – bis es vielleicht zu spät ist und sie in einer Kinderwunschklinik sitzen.

Eine weitere Einschränkung ist das Verbot der künstlichen Befruchtung für alleinstehende Frauen in Österreich. Für diesen Kinderwunsch muss frau ins Ausland: Deutschland, Dänemark oder Spanien zum Beispiel. Ja, allein ein Kind großzuziehen ist nicht einfach. Das tun aber bereits rund 280.000 Menschen in Österreich, mehr als 83 Prozent davon Frauen – und häufig unfreiwillig. Warum wird Frauen, die sich finanziell und emotional geplant sowie freiwillig einlassen, dieser Weg verwehrt?

Noch weniger kann ich mir erklären, warum junge Frauen ihre Eizellen nur in wenigen Ausnahmefällen einfrieren dürfen. Ich weiß nicht, ob ich mich damals dafür entschieden hätte. Die Kosten sind hoch und von der Frau zu tragen, und auch das Einfrieren ist keine Garantie für ein Kind. Doch keinesfalls sollte jungen Frauen diese Möglichkeit auf reproduktive Selbstbestimmung und Vorsorge verboten werden.

Bürgerinitiative mit Reformziel

Als Betroffene und mittlerweile Obfrau der Organisation für Patientinnen und Patienten "Die Fruchtbar – Verein Kinderwunsch Österreich" habe ich schon oft beklagt, dass politische, soziale und juristische Maßnahmen notwendig sind, um aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen (sinkende Fruchtbarkeit, späte Mutterschaft) zu begegnen. Einige dieser Maßnahmen fordert nun die Bürgerinitiative "Zukunft Kinder! – Für eine selbstbestimmte Familienplanung", die auch von unserem Verein unterstützt wird. (Christina Fadler, 26.4.2023)