Bei "Andererseits" arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Das Team umfasst derzeit 25 Personen.

Foto: Andererseits/Ramona Arzberger

Wien – Mit der kritischen Doku zu "Licht ins Dunkel" sorgte die inklusive Plattform "Andererseits" vor einigen Monaten für Furore, nun braucht das Medium für seinen Fortbestand neue Unterstützerinnen und Unterstützer. Nämlich 700. Bei "Andererseits" arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammen. In Österreich leben 18 Prozent der Menschen mit einer Behinderung. Das spiegelt sich aber nicht im Journalismus wider. "Die Branche hat ein Problem mit Diversität", sagt Clara Porak, "Andererseits"-Mitbegründerin und -Geschäftsführerin.

Bis jetzt 400 Abos verkauft

"Andererseits" finanziert sich über ein dreistufiges Abomodell, das von sieben bis 50 Euro pro Monat reicht. "Wir haben 400 Unterstützerinnen und Unterstützer, die regelmäßig einen finanziellen Beitrag leisten", erklärt Porak dem STANDARD. 250 hätten einmalig gespendet. Das ist schön, aber zu wenig: "Aktuell sind unsere Kosten noch viel höher als unsere Einnahmen. Damit es 'Andererseits' langfristig geben kann, muss sich das ändern."

25 regelmäßig Beschäftigte in der Redaktion

"Andererseits" wurde vor drei Jahren gegründet. Das Portal steht für Inklusion im Journalismus. Die Redaktion besteht derzeit aus 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die regelmäßig auf Honorarbasis journalistisch arbeiten. Etwa die Hälfte von ihnen hat eine Behinderung. Nur eine Person ist angestellt, Clara Porak und Co-Geschäftsführer Lukas Burnar sind selbstständig. Das Themenspektrum geht von Arbeit über Bildung bis zu Liebe und Sexualität.

Bei "Andererseits" arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Das Team umfasst derzeit 25 Personen.
Foto: Andererseits/Ramona Arzberger

Concordia-Preis für "Licht ins Dunkel"-Doku

Vor einem Jahr wurde die Plattform mit einer Crowdfunding-Kampagne und einer Innovationsförderung der Wiener Medieninitiative professionalisiert. Für die "Licht ins Dunkel"-Doku "Das Spendenproblem" erhält das Team am 3. Mai den renommierten Concordia-Preis für Menschenrechte. Um weiter aufwendigen Journalismus betreiben zu können, braucht es mehr Abonnentinnen und Abonnenten: "Wenn wir unser Ziel nicht erreichen, werden wir unsere journalistische Arbeit erheblich reduzieren müssen. Größere, kritische Recherchen wie jene zu 'Licht ins Dunkel' werden dann kaum noch möglich sein", so Porak.

Kleine Portale schauen bei Förderungen durch die Finger

Porak kritisiert, dass Österreichs Medienförderungssystem beinahe ausschließlich den etablierten Medien zugutekomme, nicht aber neuen, innovativen Plattformen. "Als reines Digitalmedium im Aufbau gibt es keine passende reguläre Förderung", sagt Porak. "Aktuell wird ja vor allem gefördert, was schon besteht. Für uns bedeutet das: Große Medien, die es ohnehin schon einfacher haben, haben einen zusätzlichen Vorteil."

Die von der Regierung reformierte Journalismusförderung, sie ersetzt die Presseförderung, bezieht ab Juli 2023 zwar erstmals reine Onlinemedien mit ein, knüpft die Unterstützung aber an bestimmte Kriterien wie eine gewisse Anzahl an Unique Users pro Monat. Konkret sind es 150.000. Eine Hürde, die kleinere Portale wie "Andererseits" ausschließt.

"Möglichst viele Perspektiven an Redaktionstischen"

Begriffe wie Diversität und Inklusion sind in vielen österreichischen Medienhäusern noch Fremdwörter, kritisiert Porak: "Leider machen im deutschsprachigen Raum immer noch vor allem weiße Akademikerinnen und Akademiker Journalismus." Viele würden nach wie vor nicht verstehen, warum es wichtig sei, dass unterschiedliche Menschen Journalismus machen. "Für die ist das dann Identitätspolitik. Ich glaube, das stimmt nicht. Diversität ist ein Zeichen für gutes Handwerk. Inklusion gilt immer noch als 'nice to have', eigentlich ist es aber Teil unserer Kernaufgabe als Journalistinnen und Journalisten, möglichst viele Perspektiven an den Redaktionstischen zu haben, sodass Themen möglichst differenziert diskutiert werden können." (Oliver Mark, 25.4.2023)