Am Sonntagabend wurde die Erde vom stärksten geomagnetischen Sturm seit 2015 getroffen. Das Ereignis folgte einem massiven koronalen Massenauswurf (CME) der Sonne, also einer Sonneneruption. In Österreich führte der Teilchensturm zu vereinzelten Sichtungen von Polarlichtern.

Das Bild der Sonne vom 24.4.2023 kombiniert Aufnahmen bei Wellenlängen von 211, 193 und 171 Ångström.
Foto: SDO/Nasa

Teilchenwind

Die Sonne schickt einen ständigen "Wind" aus Strahlung und geladenen Teilchen ins All, der vom Erdmagnetfeld abgelenkt wird und uns normalerweise nichts anhaben kann. Mitunter aber kann es zu einem regelrechten Sonnensturm kommen. Die Ursache für solare "Orkane" sind Eruptionen in Regionen der Sonne mit hoher magnetischer Feldstärke in den äußersten Schichten der Sonne.

Ordnen sich die magnetischen Feldlinien plötzlich um, werden Milliarden Tonnen geladener Partikel mit hoher Geschwindigkeit ins All geschleudert. "Stürmen" die Teilchen buchstäblich gegen das Magnetfeld der Erde, kann das Auswirkungen auf den Flugverkehr und auf die kritische Infrastruktur wie Stromnetze und Satellitennavigation haben.

Ein Lichtvorhang über dem Dachsteinmassiv.

Stärker als vor einem Monat

"Wie genau sich ein Sonnensturm auf der Erde auswirkt, hängt stark von seiner magnetischen Struktur ab. In diesem Bereich wird weltweit intensiv geforscht, um Sonnenstürme möglichst früh vorhersagen zu können", sagte Christian Möstl, Leiter des Weltraumwetterbüros der Geosphere Austria in Graz.

Die Eruption, die dem Sonnensturm der Klasse G4 auf der fünfstufigen Sonnensturm-Skala vorausgegangen ist, ereignete sich am Freitag; ab Montag 1:00 Uhr MESZ befand sich die Erde im Kern des Sonnensturms. "Unsere Mess- und Vorhersagesysteme wiesen bereits am Samstag auf eine sehr wahrscheinliche Struktur des aktuellen Sonnensturms hin, die derzeit auch tatsächlich von Satelliten gemessen wird. Dieser Sturm ist noch ein klein wenig stärker als der Sturm am 24. März dieses Jahres. Diese beiden magnetische Stürme stellen die stärksten Ereignisse seit Juni 2015 dar", sagte Möstl.

Polarlichter in der Nacht auf Montag über dem Ostseestrand in Wisch bei Kiel, Schleswig-Holstein.
Foto: IMAGO/Frank Peter

Polarlichter über Österreich

Auf Social-Media-Portalen kursieren Fotos von möglichen Polarlichtern in Österreich in der Nacht auf Montag. Aus Nordamerika bis in den Süden der USA gab es am Montag sogar sehr ausgeprägte Polarlichter. In Europa wurde von Polarlichtsichtungen bis nach Südfrankreich berichtet. "Die Intensität des Sonnensturms dürfte im Laufe des Montags abnehmen, daher sollten in der Nacht auf Dienstag in Österreich eher keine Polarlichter mehr zu sehen sein", prognostizierte Möstl.

Nordlichter bzw. Südlichter entstehen, wenn Luftmoleküle in den oberen Atmosphärenschichten mit den elektrisch geladenen Teilchen des Sonnensturms angeregt werden. Je mehr Teilchen einströmen, desto höher ist die Leuchtkraft.

Magisch: Auch über Stonhenge erblühten Polarlichter.

Aktives Zentralgestirn

Die Sonne befindet sich derzeit in einer Phase ansteigender magnetischer Aktivität, welche voraussichtlich im Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreichen wird. Die Frequenz von geomagnetischen Stürmen und Nordlichtern wird daher in den nächsten Jahren zunehmen.

Das Weltraumwetter wird erst seit rund 30 Jahren intensiver erforscht. Aufgrund der Gefahren, die von Sonnenstürmen für kritische Systeme ausgehen, werden die Erforschung von Weltraumwetter sowie die Entwicklung von Vorhersage- und Warnsystemen immer wichtiger, meinen Fachleute. Die Geosphere Austria arbeitet in mehreren Projekten an der Vorhersage von Weltraumwetter und betreibt mit dem Conrad-Observatorium eines der weltweit modernsten geophysikalischen Observatorien, an denen auch Weltraumwetter und Sonnenstürme gemessen werden. (tberg, red, APA, 24.4.2023)