Richard Madden und Priyanka Chopra Jonas geben alles für "Citadel" – ab 28. April auf Amazon Prime Video abrufbar.

Foto: Prime Video Studios

Die größte Herausforderung bei Actionserien: die Schlagzahl der Aktionen hochzuhalten. Zwölf Minuten nach dem Beginn von "Citadel" haben die Zuschauenden eine Massenschlägerei, eine Schießerei, diverse Zweierkämpfe, einen unfreiwillig aussteigenden Bahnpassagier, einen leidenschaftlichen Kuss und schließlich eine mutwillig herbeigeführte Explosion gesehen. Kann das so weitergehen? Achtung, Spoiler! Es kann.

Worum es geht

Citadel war ein unabhängiger Geheimdienst, der sich – hört, hört – für die Sicherheit aller Menschen einsetzte. Das ist zwar demokratiepolitisch fragwürdig, funktionierte aber, und zwar so lange, bis ein noch mächtigeres Spionagesyndikat namens Manticore Citadel zerstörte. Zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs von Citadel wurden zwei Agenten mit einer neuen Identität ausgestattet, die sie vor weiteren Umtrieben schützen sollte. Einer von ihnen ist Mason Kane (Richard Madden). Als er von seiner Vergangenheit erfährt, erklärt er sich bereit, den Kampf gegen Manticore aufzunehmen, um dessen Weltherrschaft zu verhindern. Um erfolgreich zu sein, muss er seine Kumpanin Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas) reaktivieren. DER STANDARD sah vorab drei Folgen.

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Wer hat's gemacht?

"Citadel" wurde von Anthony und Joe Russo produziert, die in Hollywood eine große Nummer sind und bei diesem Projekt offenbar sehr aktiv waren, da sie die Serie in der Halbzeit der Produktion stoppten und neu aufnehmen ließen. Bei einigen Folgen führten sie auch Regie. David Weil, am besten bekannt für die Serie "Hunters", ebenfalls auf Amazon, war Showrunner und hat zusammen mit Josh Appelbaum und Bryan Oh die meisten der Episoden geschrieben.

"Citadel" soll unglaubliche 300 Millionen US-Dollar gekostet haben. Was war so teuer?

Angeblich gab es Differenzen zwischen den Russo-Brüdern und dem ursprünglichen Showrunner von "Citadel", Josh Appelbaum. "Wir hatten das Gefühl, dass die Serie mehr Charakterarbeit brauchte, um die Leute in die Serie zu ziehen", sagte Mike Larocca, Präsident und Mitgründer der Produktionsfirma AGBO der Russos. Mit dem neuen Showrunner David Weil landete offenbar viel Material auf dem Müllhaufen, neue Drehbücher mussten entwickelt werden, was schließlich zur Kostenexplosion führte. Nach "Ringe der Macht" ist "Citadel" deshalb die zweitteuerste Serie von Amazon. Ursprünglich waren für "Citadel" 200 Millionen Dollar veranschlagt.

Wer ist dabei?

In "Citadel" sind einige bekannte Namen aus Film und Fernsehen versammelt: Richard Madden, bekannt aus "Game of Thrones", und Priyanka Chopra Jonas aus "Quantico" spielen, wie erwähnt, die Hauptrollen der Spezialagenten Mason Kane und Nadia Singh. Stanley Tucci ist als Citadel-Mitarbeiter Bernard Orlick dabei, ebenso wie Lesley Manville ("Phantom Thread"), Osy Ikhile ("Die Legende von Tarzan"), Ashleigh Cummings ("Der Stieglitz"), Roland Møller ("Atomic Blonde") und Caoilinn Springall ("The Midnight Sky").

Was soll das werden?

Amazon Prime hat Großes vor mit "Citadel". Als globale Thriller-Serie konzipiert, sind Ableger geplant, die miteinander verwoben sind. Die Geschichte wird von einem US-Agenten und einem britischen Geheimdienstmitarbeiter erzählt, die zusammenarbeiten, um eine terroristische Bedrohung zu bekämpfen.

Was weiß man über die Ableger von "Citadel"?

Für das erste angekündigte Spin-off, das in Italien produziert wurde, begannen im Oktober letzten Jahres die Dreharbeiten. Matilda de Angelis übernimmt die Hauptrolle. Regie führt Arnaldo Catinari ("Suburra: Blood on Rome"), das Drehbuch stammt von Alessandro Fabbri ("The Trial"). Im Werden ist eine indische Version des Regieduos Raj und DK. Eine mexikanische Produktion von "Citadel" befindet sich derzeit ebenfalls in der Entwicklung.

Soll man sich das anschauen?

"Citadel" entspricht in der Erzählung der guten, alten Agentenstory, Gut gegen Böse, mit viel Action, stets zwischen Eskalation und Rettung in letzter Sekunde pendelnd und – ganz wichtig – einem guten Schuss Erotik. Das Sujet des verwundeten Helden, der aus ihm zugefügten Schmerzen zuschlägt, wird wieder und wieder bemüht, Action, visuelle Effekte in die heutige Zeit verfrachtet. Mason ist ein makelloser Held, dem übel mitgespielt wurde und der Gerechtigkeit will. Selbstverständlich hat er kein passives Bond-Girl, sondern eine selbstständig agierende und ebenso wendige Agentin an seiner Seite, die ihm in nichts nachsteht. Optisch entspricht sie zwar jedem Klischee des sexy Bond-Girls, aber egal. Die Story ist spannungsgeladen, switcht zwischen Schauplätzen in den USA, im Iran, in Italien, Spanien und der Schweiz (um nur einige zu nennen). Umso flexibler die Locations, desto eintöniger sind die Figuren, die hart am Klischee, bisweilen sogar an der Karikatur schrammen. Die visuellen Effekte sind zahlreich, aber zumeist gut noch als solche erkennbar, was etwas seltsam wirkt.

Es spricht nichts gegen nette Helden, die hart in der Sache, aber sensibel mit ihren Verbündeten sind und Verantwortungsbewusstsein zeigen. "The Night Agent" zeigte das kürzlich vor. Eine Spur mehr Ideenreichtum beim Figurenentwurf wäre trotzdem angenehm. Nicht zuletzt bei einem dermaßen aufwendigen Vorzeigeprojekt. (Doris Priesching, 28.4.2023)