Der Beton unter der Startrampe wurde beim Start des Starships zerstört.
Foto: IMAGO/UPI Photo

Es ist ein Zugang, den man in der Welt der Hochtechnologie lange nicht mehr gesehen hat und der an die Art und Weise erinnert, wie Kinder experimentieren, und weniger an die Vorgangsweise eines führenden Weltraumunternehmens, das bereits in zwei Jahren Menschen auf dem Mond absetzen soll.

Ein Trümmerteil schlug in der Nähe der Startrampe einen Krater.
Foto: IMAGO/UPI Photo

Letzte Woche hob die stärkste je gebaute Rakete, das Starship des Weltraumunternehmens Space X, erstmals von der Erde ab. Und offenbar wusste niemand genau, was dabei passieren wird. Wenn die Rakete abhebe und die Startrampe nicht zerstört werde, werte man das als Erfolg, hieß es vorab vonseiten von Space X und ihrem CEO Elon Musk.

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Die Übung gelang, die Riesenrakete verließ die Startrampe, auch wenn sie nach wenigen Minuten Flug aus Sicherheitsgründen gesprengt werden musste. Doch nachdem die Schäden an der Rampe sichtbar werden, stellt sich die Frage, ob das Ziel, die Startrampe nicht zu zerstören, als erreicht gelten darf.

In etwa 300 Meter Entfernung treffen Trümmer ein parkendes Auto.

Startrampe nicht fertig

Die "Washington Post" stellte das angesichts der inzwischen veröffentlichte Bilder infrage. Der Trümmerregen erstreckt sich bis ins Meer, parkende Autos wurden von Teilen getroffen. Einige aufgestellte Kameras wurden zerstört.

Der Grund, warum Space X bei einem so wichtigen Projekt – das Starship soll künftig für bemannte Mondlandungen eingesetzt werden – so überrascht wurde, liegt in Verzögerungen beim Bau der Startrampe.

So wird bei anderen Raketen-Startrampen Abgas unter der Rampe weggeleitet.
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Normalerweise verfügen Startrampen über einen Strömungskanal, einen "Flame Trench", der die Abgase ableitet. Beim Starship war laut Angaben von Elon Musk eine massive, wassergekühlte Stahlplatte geplant, um die Wucht des ausgestoßenen Gases abzufangen. Doch die sei, nach Baubeginn drei Monate vor dem Starttermin, nicht rechtzeitig fertig geworden. Man habe sich dennoch für den Start entschieden und gehofft, dass der Beton unter der Rakete den Start überstehen würde.

Das ist offenbar nicht passiert. In einem Tweet vom Samstag sagt Musk: "Die Kraft der Triebwerke beim Hochfahren könnte den Beton zertrümmert haben, anstatt ihn einfach zu erodieren." Die Folge war ein acht Meter tiefer Krater.

Weitläufige Sicherheitszone

Verletzt wurde niemand. Die US-amerikanische Bundesluftfahrtbehörde FAA sperrte das Areal vor dem Start wie üblich großräumig ab. Sie ist für die Genehmigung von Raketenstarts in den USA zuständig, bei über 500 Raketenstarts gab es laut Angaben eines FAA-Mitarbeiters bisher keine Zwischenfälle mit Personenschaden.

Vom Start der Saturn-V-Rakete von Apollo 11 gibt es Aufnahmen aus der Nähe, die zeigen, wie das Abgas in den "Flame Trench" gezogen wird.
Mark Gray

Wie schnell die Schäden repariert werden können, ist derzeit noch nicht klar. Musk sprach von einem neuen Startversuch in ein bis zwei Monaten, doch an anderer Stelle gab er an, dass ein Neubau der Startrampe im Fall ihrer Zerstörung mehrere Monate brauchen würde. Immerhin blieb der Startturm intakt, bei einem befürchteten Explodieren der Rakete schon auf der Rampe wären noch größere Zerstörungen zu erwarten gewesen.

Was den Starttermin einer möglichen bemannten Mondmission unter Verwendung des Starships angeht, gibt es allerdings Zweifel von Fachleuten, ob der Fahrplan noch realistisch ist. "Um diese Pläne einzuhalten, hätte wahrscheinlich der gestrige Start absolut perfekt funktionieren müssen", sagt der Weltraumforscher Werner Magnes vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Dennoch ist er beeindruckt von dem Start, den er "superambitioniert" nennt. Sein Rat: "Aufstehen, Krone richten, und weiter geht's."

In der Vergangenheit waren gescheiterte Raketenstarts ganz normal, wie diese Zusammenstellung von Filmaufnahmen zeigt.
Fabio Baccaglioni

Vor Zerstörung scheint der Milliardär Musk in jedem Fall weniger denn je zurückzuschrecken, sei es bei seinem Umbau von Twitter, das seit seiner Übernahme mehr als die Hälfte seines Werts verloren hat, oder bei den Weltraumprojekten seines Unternehmens Space X. In der Pionierzeit der Raumfahrt war das Scheitern von Raketenstarts ganz normal gewesen. An diese Tradition knüpft Space X nun offenbar an. (Reinhard Kleindl, 24.4.2023)