Mehr Autos und Lkws sind der Hauptgrund, warum Österreich bei den CO2-Emissionen seit 30 Jahren auf der Stelle tritt.

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Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein – zumindest hat sich die türkis-grüne Bundesregierung die Nettonull ins Regierungsprogramm geschrieben. Bereits in 17 Jahren sollen von österreichischem Boden also weniger Treibhausgase in die Atmosphäre entweichen, als hierzulande wieder aufgenommen werden. Damit ist Österreich unter den besonders ambitionierten Staaten – EU-weit soll die Klimaneutralität erst 2050 erreicht werden.

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DER STANDARD

Allerdings ist Österreich auch auf dem besten Weg, dieses Ziel zu verfehlen. Das zeigt eine aktuelle Prognose des Umweltbundesamts (UBA). Nicht einmal das EU-weite Ziel der Klimaneutralität bis 2050 kann Österreich mit den aktuellen Maßnahmen demnach halten. Laut dem Bericht würden die CO2-Emissionen Österreichs Mitte des Jahrhunderts noch immer bei rund 55 Millionen Tonnen liegen – und damit nicht nur deutlich über null, sondern auch nur 30 Prozent unter dem Niveau von 1990.

Das Umweltbundesamt hat für seine Prognose alle Maßnahmen berücksichtigt, die vor dem 1. Jänner 2022 in Kraft getreten sind – etwa die Ausbauziele für Erneuerbare Energien, Förderungen für Elektroautos oder das Klimaticket. Die später eingeführte CO2-Bepreisung oder das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das noch in der Schwebe ist, fließt nicht in der Berechnung mit ein.

Sorgenkind Verkehr

In den vergangenen Jahrzehnten sind Österreichs Emissionen zunächst gestiegen, dann wieder gefallen – nun verharren sie auf dem Niveau von 1990. Anstrengungen in einzelnen Bereichen wie der Stromerzeugung oder Abfallbehandlung wurden durch den starken Anstieg im Verkehrssektor zunichtegemacht. Vor allem mehr Kilometer in Dieselautos und der zunehmende Güterverkehr ließen Österreichs Verkehrsemissionen seit 1990 um 57 Prozent ansteigen.

Obwohl das Umweltbundesamt davon ausgeht, dass die Personen- sowie die Tonnenkilometer bis 2050 um jährlich ein Prozent steigen, sollen die Verkehrsemissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 56 Prozent abnehmen. Das liegt vor allem an der Antriebstechnologie: Nachdem ab 2035 keine Verbrenner-Pkws mehr zugelassen werden sollen, könnten nach Schätzung des Umweltbundesamts bereits sechs von zehn Pkws elektrisch fahren.

Was am Ende zählt, ist die Bilanz der Treibhausgasemissionen – also abzüglich der sogenannten CO2-Senken. Diese sollen vor allem die Emissionen, die als unvermeidbar gelten, aus der Luft holen, um unter dem Strich auf null zu kommen.

Wald speichert weniger CO2

Derzeit nehmen Wälder und andere Naturflächen rund zehn Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf. Doch laut der UBA-Prognose werden diese Senken bis 2050 um drei Viertel weniger Kohlenstoff aufnehmen als heute. Denn das durch den Klimawandel extremer werdende Wetter setzt vor allem den Wäldern zu.

"Dieses desaströse Szenario zeigt die Klimaschutzblockade der ÖVP auf", sagt Jasmin Duregger von Greenpeace zu dem Bericht. Er müsse ein Weckruf für die Regierung sein, überfällige Maßnahmen wie das Klimaschutzgesetz oder das Erneuerbare-Wärme-Gesetz zu verabschieden. "Der Sprung ist zu schaffen", sagt Duregger.

Wälder könnten wegen Unwettern in Zukunft weniger CO2 speichern.
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Die Prognose ist Teil eines Berichts, den die Mitgliedsstaaten alle zwei Jahre an die EU-Kommission übermitteln müssen. Damit soll abschätzbar bleiben, ob Europa auf dem richtigen Weg ist.

Nicht in Stein gemeißelt

An einigen Punkten zeigt sich, dass die Prognose düsterer sein könnte als die wahrscheinliche Zukunft: So geht das UBA etwa davon aus, dass 30 Prozent der Flächen im Jahr 2050 noch mit Öl- und Gasheizungen erwärmt werden. Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz sollen Ölheizungen aber ab 2035, Gasheizungen bis 2040 verboten werden. Laut dem Bericht werden zudem 2050 noch beinahe alle Schwerlasten mit Diesel-Lkws transportiert – doch dank technologischer Entwicklungen könnte dieser Anteil bedeutend geringer sein.

Mit jeder neuen politischen Maßnahme verbessert sich auch die Prognose. So fiel der vergangene Bericht 2021 viel schlechter aus. Stand damals wären die Emissionen in Zukunft noch höher gewesen. (Philip Pramer, 25.4.2023)