Eine Frau mit Tochter in Panama. Viele Menschen aus Südamerika machen sich auf beschwerliche Reisen nach Zentral- und Nordamerika. Auch bei der Migration stellen Hitze und Wassermangel große Gesundheitsrisiken dar.
Foto: EPA / Bienvenido Velasco

Klima ist nicht gleich Wetter. Und so ist es auch wenig verwunderlich, dass die Frühlingstemperaturen in Österreich niedrig blieben, aber den ausführlich analysierten Trend zu wärmeren Jahren nicht untergraben. Das zeigt auch der zuletzt veröffentlichte europäische Klimabericht, der erneut deutlich macht, dass die Temperaturen in Europa doppelt so schnell steigen wie der weltweite Durchschnitt.

In Spanien ist derweil eine Wetterlage besonders hoher Temperaturen angerollt: In den letzten Apriltagen könnten neue Hitzerekorde für den Frühlingsmonat gebrochen werden. Darauf deuten die Prognosen des meteorologischen Diensts Aemet hin. Im südspanischen Andalusien wird womöglich erstmals seit Beginn der Aemet-Aufzeichnungen 1961 im April die 40-Grad-Marke geknackt.

Europäische Rekorde

Damit könnte auch der bisherige europäische Höchstwert fallen, 39,0 Grad wurden am 23. April 2008 in Zypern dokumentiert. Der Weltklimarat bemerkte, dass der Mittelmeerraum ein "Hotspot des Klimawandels" sein könne. Hitzewellen und Dürre werden die Bevölkerung noch stärker belasten, gesundheitlich und wirtschaftlich. Das ist auch akut in Spanien als "Gemüsegarten" Europas und aufgrund des extremen Waldbrandrisikos der Fall.

Für weitere Hotspots der globalen Erhitzung interessierte sich auch ein britisches Forschungsteam um die Klimawissenschafterin Vikki Thompson von der Universität Bristol. Die Gruppe veröffentlichte nun im Fachmagazin "Nature Communications" eine Untersuchung, in welchen Regionen das Risiko für Hitzerekorde brechende Extreme mit großen Auswirkungen statistisch am höchsten ist.

Wachsende Bevölkerung

Besonders problematisch ist die Lage demzufolge in Mittelamerika, Afghanistan und Papua-Neuguinea. Dies liegt auch daran, dass die Bevölkerung sozioökonomisch besonders anfällig ist, was sich auch auf den Umgang mit Hitzewellen auswirkt. Dort dürften bisherige Extremereignisse, die nur einmal in 100 Jahren auftraten, häufiger – nämlich alle 78 bis 90 Jahre – vorkommen.

Die bisherigen Temperaturrekorde liegen dort zwischen 32,5 Grad Celsius (Papua-Neuguinea) und 37,8 Grad (Afghanistan). "Wir haben Regionen identifiziert, die bisher vielleicht Glück hatten", sagt Hauptautorin Thompson. "Da Hitzewellen immer häufiger auftreten, müssen wir besser vorbereitet sein." Dies sei aber bei schnell wachsenden Populationen und Entwicklungsländern schwierig.

Die Karte zeigt in dunkelroter Farbe jene Regionen an, in denen Rekordhitzewellen besonders wahrscheinlich sind – und sich im Zyklus von weniger als 100 Jahren wiederholen werden. Nicht für alle Regionen waren verlässliche Daten verfügbar. Auch die hellrot eingefärbten Bereiche haben Hitzewellen erfahren, die zuvor als höchst unwahrscheinlich galten.
Foto: University of Bristol

Die Fachleute werteten große Datensätze aus Beobachtungsdaten und Klimamodellen aus und nutzten dafür Extremwertstatistik. Die drei Hotspots für Hitzerekorde und dadurch besonders hohe Belastung ergaben sich nicht nur aus Klimadaten: In diesen Regionen wächst die Bevölkerung, während die Energie- und die Gesundheitsversorgung verhältnismäßig stark eingeschränkt ist. Dadurch könne man sich nur begrenzt auf Hitzewellen vorbereiten.

Gesundheitliche Belastung

Auch Zentraleuropa und die chinesische Hauptstadt Peking werden vom Studienteam hervorgehoben – aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte. In diesen Regionen sind Millionen von Menschen betroffen, wenn es zu einer Rekordhitzewelle kommt. Dabei sind nicht nur Ernährungssicherheit und Ökologie einer Belastungsprobe ausgesetzt, sondern auch der menschliche Körper. Überhitzung und Kreislaufprobleme betreffen nicht nur, aber vor allem ältere, junge sowie vorerkrankte Personen. Kühlt es während der sogenannten Tropennächte nicht auf unter 20 Grad Celsius ab, ist das besonders problematisch, das kommt vor allem in Städten immer häufiger vor.

Zu weiteren Hotspots zählt das Forschungsteam den Osten Russlands, den Nordwesten Argentiniens und das australische Queensland. In Letzterem liegt die bisherige Höchsttemperatur mit 44,2 Grad besonders hoch. Doch auch die Kombination von hoher Luftfeuchtigkeit und verhältnismäßig hohen Temperaturen – in Papua-Neuguinea steht der Rekord immerhin bei "nur" 32,5 Grad – kann für Menschen belastend sein.

Priorität Klimaschutz

"Vorbereitet sein rettet Leben", sagt Co-Autor und Atmosphären-Wissenschafter Dann Mitchell. Bisher kam es bereits zu Hitzewellen, mit denen niemand gerechnet habe und die zu zehntausenden hitzebedingten Todesfällen führten.

Die Studie zeige, dass solche unwahrscheinlichen Ereignisse überall vorkommen können: In rund einem Drittel der analysierten Regionen traten zwischen 1959 und 2021 solch unerwartete Hitzewellen auf. Das müssen Regierungen auf der ganzen Welt berücksichtigen, betont Mitchell. In den am stärksten gefährdeten Zonen müsse der Klimaschutz zur Priorität werden, heißt es in der Studie. (sic, 27.4.2023)