Bei der Wahl in Salzburg hat die FPÖ mit Marlene Svazek einen der größten Erfolge erzielt, die eine blaue Landesgruppe in Österreich je hatte. Jeder vierte Wähler machte sein Kreuzerl bei den Rechtspopulisten, die auf Bundesebene mit fremdenfeindlichen Festungsparolen, EU-Skepsis und Tiraden gegen Andersdenkende auftreten.
Einfache Lösungen, Populismus der üblen Art, das ist im Aufwind. Dennoch wird über Svazek, das sympathische Gesicht der Partei, und über den Vormarsch der Rechts-außen-Partei kaum geredet.
Der Grund heißt Kay-Michael Dankl. Der Salzburger Gemeinderat sorgte mit einem Team engagierter junger Leute für eine Sensation. Mit fast zwölf Prozent Wähleranteil landesweit und 21 Prozent sowie Platz zwei in der Landeshauptstadt hat seine KPÖ plus alle überrascht. Der neue Politstar schadete allen etablierten Verliererparteien – von ÖVP, SPÖ und Grünen bis hin zu den liberalen Neos, die aus dem Landtag flogen. Wie kann es sein, dass eine Partei, die im 32. Jahr nach dem Zerfall der Sowjetunion stolz das Wort Kommunismus im Namen trägt, so stark werden kann?
Die Antwort findet sich im Wahlprogramm der KPÖ plus ebenso wie in Stil, Auftreten und Persönlichkeit des Parteichefs. Er ist ganz Ombudsmann für alle, die soziale Schieflagen beklagen, speziell an hohen Wohnkosten leiden.
Dankl verkörpert eine neue Art von Linkspopulismus, die auf marxistisch-leninistische Rhetorik ebenso verzichtet wie auf offenen Machtanspruch und Regierungsbeteiligung. Das kommt gut an: Politik wie von Caritas und Volkshilfe.
Im krassen Gegensatz etwa zu FPÖ-Chef Herbert Kickl tritt Dankl konstruktiv, höflich, positiv, gewinnend auf. Mit gewählten Worten trägt er vor, verzichtet auf Untergriffe. Viel lieber spricht er über die drückenden Sorgen der Menschen, soziale Probleme, die er mit Geldzuwendungen lindern möchte.
Das will und tut er als Kommunalpolitiker, indem er Teile seines Politikergehalts abgibt. Das Vorbild ist die steirische KPÖ, die mit dem Wohnthema bei Gemeinderatswahlen in Graz erfolgreich war und mit Elke Kahr die Bürgermeisterin stellt. Dankl setzt mit seinen Getreuen noch eins drauf. Jeder Bedürftige kann kommen, die Partei bzw. ihre Vertreter verschaffen ihm (öffentliches) Geld, so die Botschaft. Im Wahlprogramm werden nicht weniger als 69 einzelne Forderungen zur Verbesserung der Wohnlage in Salzburg aufgestellt, allerdings ohne Finanzierungsmodell.
Gegen solch lokale Ombudsmannpolitik gibt es an sich nichts einzuwenden. Aber Vorsicht ist angebracht. "Ausgleichshunderter" hat einst Oberpopulist Jörg Haider in Kärnten erfunden.
Dass Dankl nicht frei ist von oberflächlichem Populismus, der Feindbilder bedient, ließ er aufblitzen, als er in der "ZiB 2" zu seiner EU-Haltung gefragt wurde. Man müsse die EU "weniger neoliberal, mehr sozial gestalten", antwortete er, es gebe "keine sozialen Mindeststandards", eine Schlagseite für Konzerne.
Das klang nach Robin Hood, war aber daneben. Die EU hat seit langem eine Sozialcharta, setzt Mindeststandards im Sozial- und Grundrechtsbereich. Gerade deswegen haben die britischen Konservativen 2020 den Brexit vollzogen. Immerhin: Dankl spricht sich gegen einen EU-Austritt Österreichs aus. Aber das tun Freiheitliche auch, wenn sie gegen "diese EU" polemisieren. Der Elchtest für eine komplexere Wirtschaftspolitik der KPÖ plus steht also noch aus. (Thomas Mayer, 25.4.2023)