"OldschoolMTG" hatte Erweiterungskarten für "March of the Machine" vor dem Verkaufsstart hergezeigt und sich damit den Zorn der Wizards of the Coast zugezogen.

Foto: Wizards/Zara Alfonso

Mit mächtiger Magie kennen sich die Wizards of the Coast (WotC) aus. Immerhin vereint das US-Unternehmen mit "Dungeons & Dragons" und "Magic: The Gathering" gleich zwei weltweit bekannte und erfolgreiche Spielsysteme mit umfangreichem Erzählmaterial unter seinem Dach.

Man weiß aber auch weltliche Macht zu demonstrieren, wie das Unternehmen nun unter Beweis stellte. Es hat einem Youtuber private Ermittler vorbeigeschickt, nachdem dieser bisher unveröffentlichte Karten gezeigt hatte.

Der Betroffene ist Dan Cannon, auf Youtube auch bekannt als "OldschoolMTG". Er war, so schildert er, ziemlich überrascht, als es am vergangenen Samstagmorgen (22. April) an der Tür klingelte. Da er gerade ein Video drehte, öffnete seine Frau die Tür, die ihm bald darauf unter Tränen den unerwarteten Besuch vorstellte.

Ermittler sollen mit Haft gedroht haben

Bei den Überraschungsgästen handelte es sich um private Ermittler der berühmt-berüchtigten Sicherheitsfirma Pinkerton. Das einst für sein Vorgehen gegen Streiks und Gewerkschaften bekannte Unternehmen hat mittlerweile andere Geschäftsfelder erschlossen und war in diesem Falle von Wizards of the Coast damit beauftragt worden, jenen vor dem offiziellen Verkaufsstart "entkommenen" Magic-Karten nachzuspüren.

Stein des Anstoßes waren Sammelkarten des Sets "March of the Machine: The Aftermath", die Cannon nach eigenen Angaben bei seinem üblichen Händler erstanden hat. Diese sollen eigentlich erst am 12. Mai als Erweiterung der kürzlich erschienenen Edition "March of the Machine" in den Handel kommen. Der Streamer vermutet, dass der auf andere Sammelkartenspiele spezialisierte Händler ihm versehentlich bereits eine Box mit den neuen Karten geschickt hat und es wohl zu einer Verwechslung mit der Basis-Edition gekommen war.

oldschoolmtg

Cannon hatte die Gelegenheit genutzt und die neue Erweiterung auf seinem kleinen Youtube-Kanal mit rund 5.000 Abonnenten vorgestellt, was bei WotC wohl die Alarmglocken schrillen ließ. Dessen Ermittler hatten schließlich Cannons Frau erklärt, dass ihrem Mann für diesen "Diebstahl" eine Strafe von bis zu 200.000 Dollar und zehn Jahre Haft drohen und sie bei Widerspruch die Polizei einschalten würden. Zudem seien die Mitarbeiter der Firma bereits am Vortag in der Gegend unterwegs gewesen und hätten, nachdem er und seine Gattin gerade nicht daheim waren, Nachbarn über sie ausgefragt.

Die Karten hatte Cannon den Pinkerton-Ermittlern schließlich ausgehändigt, sein Video gelöscht und sich telefonisch mit WotC in Verbindung gesetzt. Im Gegensatz zu den Privatdetektiven sei der Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung wenigstens sehr freundlich gewesen und habe sich für den Ablauf des Besuchs entschuldigt. Er zeigte auch Verständnis dafür, dass die konfiszierten Karten einiges Geld gekostet hatten, und versprach, als Kompensation andere Produkte zu schicken.

oldschoolmtg

Kritik an Wizards of the Coast

WotC hat gegenüber Kotaku bestätigt, die Ermittler geschickt zu haben, In den Reaktionen auf die Ereignisse gibt es viel Kritik an diesem Vorgehen. Viele sind der Meinung, dass die Firma den Youtuber zuerst hätte kontaktieren und um Rückgabe der Karten sowie die Löschung des Videos ersuchen sollen, statt direkt eine Sicherheitsfirma einzuschalten. Manche halten das Vorgehen des Konzerns sogar für potenziell klagbar. Cannon übt in seinen eigenen Statements ebenfalls Kritik, allerdings vorwiegend am Verhalten der Ermittler.

Der Reputation der Wizards of the Coast dürfte der Vorfall nicht dienlich sein. Dabei hatte sich das Unternehmen erst vor wenigen Monaten den Zorn vieler "D&D"-Fans eingehandelt, als man die Lizenz des Rollenspielsystem deutlich verschärfen wollte. Nach anhaltender Kritik ruderte man allerdings mehrmals zurück und lässt die Bedingungen für die Nutzung weitestgehend unverändert. (gpi, 26.4.23)