Viele Menschen wünschen sich, größer zu sein. Für die Gesundheit ist das aber nicht unbedingt positiv.

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Die eigene Körpergröße ist für so manche ein Thema, das sie viel beschäftigt. Nicht wenige wünschen sich wohl, sie wären ein paar Zentimeter größer. Bei Männern liegt das womöglich auch daran, dass Frauen Umfragen zufolge größere Männer bevorzugen. Statistiken zeigen außerdem, dass größere Menschen oft besser verdienen. Angesichts dieser Tatsachen gibt es wohl nur wenige Menschen, die gerne etwas kleiner wären. Doch ein paar Zentimeter Länge weniger sind vor allem aus gesundheitlicher Sicht nicht das Schlechteste. Denn was das anbelangt, haben große Menschen biologische Nachteile.

Wie groß ein Mensch wird, ist vor allem genetisch bedingt. In der Regel wird man eine ähnliche Köpergröße wie die eigenen biologischen Eltern erreichen. Das genetische Potenzial braucht jedoch auch die richtigen Lebensumstände, damit es voll ausgeschöpft werden kann. Vor allem eine gesunde Ernährung in den Wachstumsjahren beeinflusst die endgültige Größe stark. In reicheren Ländern sind die Menschen deshalb im Durchschnitt größer. Doch tatsächlich kann Größe sogar ungesund sein. Das zeigt eine Studie im Journal "Nutrition and Health".

Mehr Risiko alle fünf Zentimeter

Ist man besonders groß, steigt etwa die Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen. Die Erklärung dafür ist simpel: Eine große Person hat mehr Zellen. Eine Krebserkrankung entsteht, wenn sich Zellen unkontrolliert teilen. Je mehr Zellen es gibt, desto mehr Möglichkeiten gibt es, dass welche davon entarten.

Große Menschen haben außerdem meist mehr von dem sogenannten IGF-1-Hormon. Dieses wird von der mit dem Wachstumshormon GH stimulierten Leber ausgeschüttet und regt die Zellteilung an. Hohe Werte dieses Stoffs sind für das Wachstum in jungen Jahren sehr wichtig, aber weniger gut im Erwachsenenalter. Denn auch diese häufigere Zellteilung führt dazu, dass sich leichter Krebszellen bilden können. Weiters kommt es bei der Zellteilung zur Telomerverkürzung. Telomere sind die Schutzkappen der Chromosomen, bei jeder Zellteilung werden sie kürzer, bis sie das Chromosom nicht mehr schützen. Ohne diesen Schutz wird aber die DNA beschädigt, was zu Mutationen führen kann, die wiederum die Entstehung von Krebs und anderen Krankheiten begünstigen können.

Der World Cancer Research Fund berichtet, dass für jeweils fünf Zentimeter mehr das Risiko für gewisse Krebsarten prozentuell ansteigt. Das gilt besonders für Nieren- und Brustkrebs, fünf Zentimeter größer bedeutet ein um zehn Prozent höheres Risiko. Die Wahrscheinlichkeit für Eierstockkrebs steigt um acht Prozent, bei der Bauchspeicheldrüse sind es sieben Prozent. Am wenigsten steigt das Risiko bei Darm und Prostata mit einer Erhöhung von fünf bzw. vier Prozent pro fünf Zentimeter Körpergröße.

Obwohl diese Zahlen furchteinflößend wirken, besteht kein Grund zur Panik. Ein um zehn Prozent erhöhtes Risiko bedeutet nicht, dass die Wahrscheinlichkeit, an diesem Krebs zu erkranken, nun bei zehn Prozent liegt. Die individuelle Veranlagung könnte beispielsweise eine zweiprozentige Wahrscheinlichkeit für Nierenkrebs sein. Bei fünf Zentimeter mehr Körpergröße steigt das Risiko damit auf 2,2 Prozent. Und andere Faktoren wie die genetische Veranlagung und der Lebensstil haben ohnehin wesentlich mehr Einfluss.

Langer Weg zum Herzen

Nicht nur das Krebsrisiko, auch die Wahrscheinlichkeit für Venenprobleme ist bei großen Menschen erhöht. Denn das Blut muss bei großen Personen einen weiteren Weg hinter sich bringen, wenn es von den Füßen wieder zurück zum Herz gepumpt wird. Das ist anstrengender für das Pumpsystem, die Zirkulationsgeschwindigkeit nimmt ab. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Venenthrombose. Auch die Pumpeffizienz des Herzens ist geringer, dadurch werden Probleme wie Vorhofflimmern oder eine linksventrikuläre Hypertrophie – das ist eine Verdickung der Herzwand – häufiger. Beides macht Herzinfarkt oder Schlaganfall wahrscheinlicher.

Trotz dieser Tatsache sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen paradoxerweise häufiger bei kleinen Menschen. Doch das liegt nicht an der Körpergröße, wie eine Studie im "Indian Heart Journal" ausführt. Vielmehr sind Lebensstilfaktoren dafür verantwortlich. Kleine Menschen – die ja häufig in ärmeren Ländern leben – haben im Vergleich zu großen Menschen eher ein geringeres Einkommen, sind übergewichtig, ernähren sich schlechter. Außerdem wirken Erkrankungen aus der Kindheit häufiger nach, ebenso sind die Umweltbedingungen im Laufe des Lebens schlechter. All diese Faktoren machen sie anfälliger für Herzkreislaufbeschwerden. (Laura Schnetzer 10.5.2023)