Grüner Wasserstoff gilt als eine der wenigen Möglichkeiten, Industrieunternehmen in großem Stil CO2-frei zu bekommen. Hergestellt wird er durch die Elektrolyse von Wasser. Dafür wird Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet.

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Unweit der Autobahnabfahrt Seewalchen in Oberösterreich wird Geschichte geschrieben. Heute, Dienstag, ist in Gampern im Bezirk Vöcklabruck der weltweit erste Wasserstoffspeicher in einer ausgeförderten unterirdischen Erdgaslagerstätte in Betrieb genommen worden. Mit dem "Underground Sun Storage" will die bei dem Projekt federführende RAG AG den Nachweis erbringen, dass überschüssige erneuerbare Energie aus Wind- oder Solaranlagen vom Sommer in den Winter geschoben werden kann.

RAG Austria AG

Wenn das in großem Maßstab gelingen sollte, wäre das von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Energiewende. "Wir sind überzeugt, dass es funktioniert", sagt Markus Mitteregger, CEO der RAG AG, im Gespräch mit dem STANDARD.

Erste Erfahrungen in Pilsbach

RAG steht neuerdings für Renewables and Gas, nicht mehr für Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft wie in den ersten Jahrzehnten des Unternehmens. RAG gehört dem niederösterreichischen Energieversorger EVN (50,03 Prozent), der deutschen Uniper, der Energie Steiermark sowie der Salzburg AG und ist einer der größten Gasspeicherbetreiber in Europa. Mitteregger verweist auf Erfahrungen, die man ab 2015 mit einer Versuchsanlage unweit des jetzigen Standorts in Pilsbach (OÖ) gemacht hat. Dort wurden 20 Prozent Wasserstoff beigemischt, ohne dass Probleme aufgetreten wären. Das erwartet Mitteregger nun auch für die deutlich größere Demonstrationsanlage, wo Wasserstoff unvermischt eingelagert werden soll.

In 1.000 Metern Tiefe wird in Gampern in Oberösterreich aus überschüssigem Solarstrom gewonnener Wasserstoff gespeichert.
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In dem Porenspeicher Gampern kann laut RAG künftig der Sonnenstrom-Überschuss von rund 1.000 Einfamilienhäusern aus dem Sommer in Wasserstoff umgewandelt und saisonal gespeichert werden. Mit im Boot sind auch diverse Projektpartner wie das Energieinstitut der Johannes-Kepler-Universität, die Hycenta Research GmbH, die TU Wien, Verbund oder Energie AG Oberösterreich.

20 Millionen Euro Gesamtkosten

Die Kosten für die Demonstrationsanlage inklusive eines noch zu errichtenden kleinen Wasserstoffkraftwerks und einer acht Kilometer langen Pipeline beziffert Mitteregger mit rund 20 Millionen Euro, wobei etwas mehr als sieben Millionen Euro Fördermittel drinstecken. Über die Pipeline, die über den Sommer gebaut wird, soll der Wasserstoff im Winter "zur nächsten Industrieanlage, unsere eigene", wie der RAG-Chef betont, gebracht werden. Im Wasserstoffkraftwerk soll dann zur Hälfte Strom und zur Hälfte Wärme erzeugt werden. Beides werde für den Betrieb der Speicher und die Erdgasaufbereitung benötigt.

Der Plan sei, bei positivem Testergebnis sämtliche Gasspeicher bis 2040 zu Wasserstoffspeichern umzubauen. Voraussetzung sei, dass Fotovoltaik und Windenergie massiv ausgebaut werden. Zusätzlich müsse man Wasserstoff importieren, wobei auch die Ukraine eine nicht unwesentliche Rolle spielen könnte, wenn der Krieg vorbei ist. "Der Wille auf ukrainischer Seite ist da, die Flächen ebenfalls und Erdgasleitungen, die man wasserstofftauglich machen kann, auch", sagt Mitteregger.

Niedrigerer Heizwert

Darüber hinaus sei der sparsame, effiziente Umgang mit Energie ein Gebot der Stunde. Denn einen Nachteil habe Wasserstoff gegenüber Erdgas, und das sei der niedrigere Heizwert. Um denselben Heizwert aus den Speichern zu ziehen wie jetzt mit Erdgas, brauchte man das dreifache Speichervolumen für Wasserstoff. (Günther Strobl, 27.4.2023)