In den Hallen des Hochleistungswerkstoffherstellers Plansee in Breitenwang in Tirol rüstet man sich für die Zukunft – und dreht dafür die Zeit zurück. Für die Produktion der Drähte, Bänder und Bleche aus den Werkstoffen Molybdän und Wolfram werden große Mengen an Wasserstoff benötigt. Einst wurde dieser durch Elektrolyse hergestellt, also in einer chemischen Reaktion aus Wasser und Strom erzeugt.

Vor 15 Jahre stellte die Firma auf Erdgas um. Dieses war günstig und reichlich vorhanden. Doch in der CO2-Bilanz schlug die Wasserstoffproduktion aus Erdgas mit einem Anteil von 50 Prozent aller Emissionen am Tiroler Produktionsstandort schwer zu Buche.

Grüne Bemühungen

Vor drei Jahren beschloss man also, wieder zur Elektrolyse zurückzukehren. Ausschließlich regenerative Quellen sollen dafür angezapft werden, lautete das Ziel. Der Standort solle bis 2030 vollständig mit CO2-frei produziertem Wasserstoff versorgt werden. Jene und weitere Bestrebungen im Sinne der Nachhaltigkeit seien bereits auf Schiene gewesen, erzählt Karlheinz Wex, als Anfang 2022 der Ukrainekrieg ausbrach. Wex ist Vorstandsvorsitzender der Plansee-Gruppe.

Vor 15 Jahre stellte Plansee auf Erdgas um. Es war günstig und reichlich vorhanden. Für die CO2-Bilanz war das recht ungünstig.
Foto: Plansee-Gruppe

Die Umwälzungen am Energiemarkt hätten diverse Bemühungen zur Steigerung der Effizienz und Energieeinsparung beschleunigt, bestätigt Wex im Gespräch mit dem STANDARD. Die vergangenen Monate seien von großer Unsicherheit geprägt gewesen. Intern habe man Szenarien ausgearbeitet: Was, wenn es nun hieße, der Gasverbrauch müsse reduziert werden? Was, wenn es zu Stromabschaltungen käme? Energieintensive Vorprodukte seien auf Lager gelegt worden, die Heizung wurde auf Heizöl umgestellt, führte Wex kurzfristige Reaktionen auf die Umbrüche aus.

Es seien weniger die exorbitanten Preissteigerungen gewesen, die ihm Sorge bereitet hätten, als der Umstand, dass das Gas generell knapp werden könnte. "Wir haben langfristig geplant und uns gegen Preissteigerungen abgesichert", sagt Wex. 2020 lag der Gaspreis im Schnitt bei 14 Euro pro Megawattstunde, Ende 2021 bereits bei rund 148 Euro. Nun, da die Absicherungen langsam ausliefen, mache er sich Gedanken um die Wettbewerbsfähigkeit. "Unsere Konkurrenz ist global", unterstreicht Wex. Lägen die Energiepreise in Europa auch künftig weit über jenen in den USA oder Asien, so stünde man vor großen Herausforderungen.

Keine Energiehilfen

Von den Energiehilfen des Bundes habe man bis dato noch nicht profitiert, diese auch gar nicht beantragt. Obwohl Plansee per Definition des Gesetzgebers kein "energieintensives Unternehmen" ist – darunter fallen lediglich Firmen mit Energiekosten in der Höhe von mindestens drei Prozent des Produktionswertes –, so benötigten viele Produktionsschritte durchaus viel Energie, erklärt Wex. Etwa bei der Reduktion von hochreinem Oxid zu Metallpulver, das dann weiterverarbeitet werden kann. Schon länger versuche man, Energie einzusparen – durch neue Technologien, Effizienzsteigerung und Recycling. Außerdem bemühe man sich, weniger Ausschuss zu produzieren. All das lohne sich nun, Wex sieht das Unternehmen im Branchenvergleich gut aufgestellt.

Karlheinz Wex fühlt sich von der im Politik im Streben nach einer "CO2-neutralen Wirklichkeit" im Stich gelassen.
Foto: APA/EXPA/ERICH SPIESS

Von der Politik fühlt sich Wex im Streben nach einer "CO2-neutralen Wirklichkeit" allerdings im Stich gelassen. "Es wird viel geredet, aber zu wenig getan." Die "Transformation in Richtung einer nachhaltigen Energieversorgung" werde nicht ernst genommen. Stets werde auf den hohen Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen verwiesen. Doch das beziehe sich auf den hierzulande produzierten Strom, und dieser reiche nicht aus. Durch Zukauf aus den Nachbarländern importiere man einen großen CO2-Fußabdruck, kritisiert Wex.

Um das Wohlstandsniveau zu halten, werde viel nachhaltige Energie benötigt. Dazu müssten die Infrastruktur ausgebaut und neue Speicherkapazitäten geschaffen werden – auch wenn dies einen "Eingriff in die Umwelt" darstellte. (Maria Retter, 27.4.2023)