Im Nordkosovo ist die Dichte an serbischen Flaggen enorm hoch.

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Der serbische Präsident Aleksandar Vučić spielt ganz offensichtlich auf Zeit. Offiziell wurde nun zwar in den Verhandlungen mit dem Kosovo ein Ausschuss eingerichtet, um die Umsetzung der Vereinbarungen zu überwachen, doch tatsächlich hat Vučić klipp und klar gesagt, dass er das von der EU vorgeschlagene Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo nicht unterschreiben werde.

Abgesehen davon verschärft er nicht nur seine Rhetorik gegen die EU, sondern rief auch zum Boykott der Lokalwahlen im Nordkosovo auf. Dies führte dazu, dass vergangenen Sonntag die Serben nicht zu den Urnen gingen und deshalb das institutionelle und politische Vakuum weiterbesteht. Den Boykott nannte er "einen friedlichen Aufstand des serbischen Volkes", das "nicht länger ausschließlich aufgezwungene Lösungen, Grausamkeit, Misshandlung, Verwundung, Schießerei tolerieren wird, nur um einen Satz des Lobes aus Brüssel und Washington zu bekommen".

Vučić meinte im Vorfeld, dass niemand zu den Wahlcontainern gehen werde und "für den Besatzungsgauleiter Albin Kurti stimmen" werde. Kurti ist Premierminister des Kosovo. Die Wahlen mussten anberaumt werden, weil Vučić und seine politischen Verbündeten im Nordkosovo vergangenen November dafür gesorgt hatten, dass die serbischen Bürgermeister und Gemeinderäte zurücktraten.

Besuch einer Militärschau

Über die westliche Quint, zu der die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien gehören, sagte Vučić: "Schande über sie alle zusammen, all diese Lügner!" Er meinte, dass die Quint nur das Ziel habe, "Serbien zu brechen".

Einen Tag vor der Wahl im Nordkosovo besuchte der serbische Staatschef zudem gemeinsam mit dem ebenfalls autokratisch regierenden ungarischen Premier Viktor Orbán und dem Präsidenten des bosnischen Landesteils, dem Pro-Kreml-Politiker Milorad Dodik, eine Militärschau in Belgrad. Orbán und Vučić kündigten eine verstärkte Kooperation im Sicherheitsbereich an.

Die Zusammenarbeit zwischen Serbien und Ungarn wurde auch bei der Abstimmung am Montag im Europarat sichtbar. Die für eine Aufnahme notwendigen zwei Drittel der 46 Mitgliedsstaaten stimmten dafür, dass der Kosovo bald Teil der Organisation werden kann. Doch Ungarn stimmte dagegen. Serbien erkennt den Kosovo nicht an. Zunächst versuchte der ungarische Vertreter lautstark, die Aufnahme des Punktes auf die Tagesordnung abzuwenden, dann versuchte er, den Beschluss zu verschieben. Er bekam dafür aber keinerlei Unterstützung. Vučić kündigte nach dem positiven Votum für den Kosovo im Europarat "tiefgreifende und wesentliche" Änderungen in der serbischen Außenpolitik an. Wenn die territoriale Integrität Serbiens nicht respektiert werde, sehe er keinen Grund, weshalb Serbien verpflichtet sei, die territoriale Integrität anderer zu respektieren, meinte er. Serbien könne auch schweigen, anstatt sich zu beeilen, die Integrität von jemandem um jeden Preis zu schützen.

Serbische Vereinigung

Gemeint war damit offensichtlich die territoriale Integrität des Nachbarstaats Bosnien-Herzegowina, die permanent von Dodik angegriffen wird. Am vergangenen Wochenende forderte Dodik eine Vereinigung der Republika Srpska mit Serbien und fügte hinzu, dass "dieses Jahrhundert ein Jahrhundert der serbischen Vereinigung ist".

Diese Position wird auch vom serbischen Geheimdienstchef Aleksandar Vulin, der ebenfalls ein Mann des Kreml ist, unterstützt. Analog zur "Russischen Welt", den hegemonialen Bestrebungen des Kremls, in den Nachbarstaaten verfolgt er das Konzept der "Serbischen Welt". (Adelheid Wölfl, 26.4.2023)