Tausende Bankkundinnen und Bankkunden sind derzeit mit steigenden Kosten konfrontiert.

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"Sehr geehrte/r Kunde/in, in diesem Jahr kommt es wieder zu einer Erhöhung der Kontoentgelte. Alle Details dazu finden Sie im Brief im Dateianhang."

Solche oder so ähnliche Nachrichten sind in den vergangenen Wochen in den Postfächern tausender Bankkundinnen und Bankkunden gelandet. Nur dass die Erhöhung der Preise für Girokonten, Bankomatkarten und Sparprodukte heuer deutlich kräftiger ausfällt als in den vergangenen Jahren.

Die allermeisten Gebühren von Banken, Versicherungen und Mobilfunkanbietern sind an Indizes wie den Verbraucherpreisindex (VPI) gebunden, die zuletzt massiv gestiegen sind. Parallel dazu erhöhen sich nun auch die Entgelte um bis zu elf Prozent. Konsumentenschützer und Konsumenten kritisieren, dass die Preissteigerungen oft in keinem angemessenen Verhältnis zu den Kostensteigerungen stehen – und werfen damit nicht zuletzt rechtliche Fragen auf.

Die Erste Bank und Sparkasse orientiert sich bei den Kontoentgelten direkt am VPI, der im vergangenen Jahr um 8,6 Prozent zugelegt hat. Bei anderen Banken fällt die Anpassung noch stärker aus. Die Raiffeisenbank Niederösterreich-Wien hat ihre Entgelte per 1. April um 10,6 Prozent erhöht. Bei der Bank Austria liegt die Erhöhung ab 1. Juli bei 10,1 Prozent, bei der Bawag gar bei 11,55 Prozent, wobei dort die Anpassung letztes Jahr entfiel.

In der Vergangenheit sind Erhöhungen gemäß dem VPI aufgrund der vergleichsweise niedrigen Inflationsraten kaum ins Gewicht gefallen. Mit Steigerungen von bis zu zehn Prozent ist die Situation jetzt völlig anders. So manch Kunden überrascht das, schließlich steigen zwar auch die Personalkosten, der Großteil der Preissteigerungen geht aber auf Energie zurück. Eine Orientierung am VPI sei daher nicht gerechtfertigt, so das Argument.

"Sachlicher Bezug zu Kosten"

Dass das auch rechtlich ein Problem werden kann, zeigt ein aktueller Fall beim Verbund. Im Februar entschied – nicht rechtskräftig – das Wiener Handelsgericht in erster Instanz, dass die Preiserhöhungen im vergangenen Jahr in keiner Relation zu den eigentlichen Produktionskosten stehen. Dem Verbund drohen nun hohe Rückzahlungen.

Auch das Konsumentenschutzgesetz, das im Bankbereich gilt, sieht vor, dass die Preisentwicklung "nur an Parameter geknüpft werden darf, die einen sachlichen Bezug zu den Kosten des Unternehmens haben", sagt Beate Gelbmann vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) dem STANDARD. Und der VPI sei nicht immer ein "gerechtfertigter Parameter". Derzeit seien keine Klagen gegen Banken oder Versicherungen anhängig, "was nicht heißt, dass alles in Ordnung ist", betont Gelbmann. Oft sei es von außen aber nur schwer möglich, nachzuvollziehen, ob die Kostenerhöhungen gerechtfertigt sind.

Aus Sicht der Banken sind die Voraussetzungen jedenfalls gegeben. Vonseiten der Bank Austria heißt es, dass nicht nur die Löhne gestiegen sind, auch andere indexbasierte Leistungen hätten zu einem Anstieg der Kosten im Bankbereich geführt. Das mache es "unumgänglich", die Entgelte auf Basis des VPI anzupassen. Die Bawag betont auf Anfrage, dass man vergangenes Jahr von einer Anpassung abgesehen habe. Außerdem baue man auch den Service für Kundinnen und Kunden fortlaufend aus. Neben den Energiekosten sind Raummiete, Betriebskosten und IT-Kosten gestiegen.

Recht auf Vertragsausstieg

Bernhard Koch, Honorarprofessor für Zivilrecht an der WU Wien, der selbst im Bankbereich tätig war, hat vergangenes Jahr als einer der Ersten auf die rechtlichen Probleme bei Strompreiserhöhungen hingewiesen. Bei VPI-Anpassungen von Banken sieht er auf Anfrage des STANDARD aus mehreren Gründen kein Problem.

Der VPI spiegle die allgemeine Preisentwicklung wider und sei geeignet, die "ursprüngliche Äquivalenz zwischen Preis und Leistung aufrechtzuerhalten". Das funktioniere zwar nicht immer punktgenau, insgesamt sei der VPI aber ein verlässlicher Parameter. "Mit der exorbitanten kostenunabhängigen Vervielfachung der Preise im Strombereich ist das nicht vergleichbar", sagt Koch.

Die Bindung der Entgelte an Indizes wie den VPI ist also erlaubt, Kundinnen und Kunden haben aber jedenfalls das Recht, ihren Vertrag zu beenden: Seit 2009 sind einseitige und automatische jährliche Gebührenanhebungen unzulässig. Banken müssen ihre Kunden zwei Monate vor der Erhöhung informieren. Die Kunden können dann widersprechen und den Vertrag kostenlos kündigen.

Derzeit erhöhen praktisch alle große Banken ihre Gebühren, es kann sich jedoch auszahlen, Angebot zu vergleichen und umzusteigen – etwa über die Vergleichplattform Durchblicker.at oder Bankenrechner.at, den Bankenrechner der Arbeiterkammer (AK). (Jakob Pflügl, 27.4.2023)