Selbst dann, wenn das Lüften fallweise gänzlich unterbleibt, liegt laut OGH grundsätzlich kein Grund für eine Kündigung vor.

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Mieterinnen und Mieter müssen in ihrer Wohnung ungestört Duschen, Kochen, Waschen und Durchschlafen können und dürfen von ihrem Vermieter nicht dazu verpflichtet werden, ständig zu lüften. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem aktuellen Fall aus dem Burgenland klargestellt (OGH 4 Ob 2/23g, 28.3.2023). Schließlich sei das "Trockenlegen" eines Gebäudes Aufgabe des Vermieters, nicht des Mieters.

Eine Familie war in eine neu gebaute Reihenhauswohnung gezogen. Schon kurz danach bildete sich an den Wänden immer wieder Schimmel. Der Vermieter forderte die Mieter dazu auf, alle drei bis vier Stunden für fünf bis zehn Minuten ordentlich zu lüften. Da die Familie aber ihr "falsches Nutzerverhalten" nicht einstellte, kündigte er ihnen die Wohnung und verlangte die Räumung. Es bestehe ein "erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes", der diese Vorgangsweise rechtfertige.

Mieter müssen nicht trockenlegen

Die Familie ging dagegen rechtlich vor, blieb beim Bezirksgericht Neusiedl am See und beim Landesgericht Eisenstadt zunächst aber erfolglos. Der OGH sah das in letzter Instanz nun anders: Die Wohnung werde zu "Wohnzwecken" vermietet, also zum "Durchschlafen, Duschen und Baden, Kochen, Waschen und Trocknen der Wäsche". Von Mieterinnen und Mietern könne nicht verlangt werden, eine feuchte Bausubstanz durch ständiges Lüften trockenzulegen.

Aus Sicht des Höchstgericht kann man bei einer Mietwohnung erwarten, dass durchschnittliches Lüften reicht. Dass Mieter alle drei bis vier Stunden für fünf bis zehn Minuten querlüften, können Vermieter also nicht einfordern. Schließlich wäre das sechs- bis achtmaliges Lüften pro Tag und würde dazu führen, dass der Mieter oder die Mieterin ständig vor Ort sein muss. Selbst dann, wenn das Lüften fallweise gänzlich unterbleibt, liege grundsätzlich kein Grund für eine Kündigung vor. (japf, 29.4.2023)