Dieses Berlin! Sie können keinen Flughafen bauen, müssen eine Landtagswahl wiederholen, und nun klappte die Wahl von CDU-Mann Kai Wegner zum neuen Bürgermeister erst im dritten Anlauf.

So lauteten die spöttischen Befunde, als Wegner bei der Wahl im Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstagabend schon zweimal durchgefallen war. Doch dieses Ereignis bloß als weitere Panne einzuordnen und in eine Kette der Fehlleistungen einzureihen, das ist falsch.

Die Freude über die Wahl im dritten Durchgang fiel bei Kai Wegner und Franziska Giffey eher verhalten aus.
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Die Wahl Wegners war ja nicht schlecht organisiert. Vielmehr hat er aus den eigenen Reihen einen ordentlichen Denkzettel mitbekommen, und zwar ganz gezielt. In den ersten beiden Durchgängen bekam er von der eigenen künftigen Koalition aus CDU und SPD nicht die erforderliche Mehrheit.

Wer stimmte nicht mit?

Man wird wohl nie erfahren, wer ihm die Gefolgschaft verweigerte. Schließlich wurde geheim abgestimmt. Aber man kann davon ausgehen, dass es ein paar frustrierte Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen waren.

22 Jahre hatten sie die Regierenden von Berlin gestellt, erst Klaus Wowereit, dann Michael Müller und in den vergangenen eineinhalb Jahren Franziska Giffey. So hätte es weitergehen sollen – und auch können. SPD, Grüne und Linke haben ja im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit.

Doch die bisherige Bürgermeisterin Giffey, die gemeinsam mit Raed Saleh auch die Berliner SPD anführt, wollte keine Koalition der Verlierer anführen, sondern sich lieber als Juniorpartnerin der CDU unterordnen. Das Kalkül dahinter: Die CDU stärkste Kraft in Berlin – das kann nur eine vorübergehende Erscheinung sein. Wegner würde sich bis zur nächsten Wahl so blamieren, dass dann ohnehin wieder die Sozialdemokraten dran wären.

Umstrittene Strategie

Allerdings finden an diesem Kurs nicht alle Gefallen, das zeigte schon der knappe Mitgliederentscheid für die "Groko": Nur 54,3 Prozent stimmten dafür. Eine satte und zufriedene Mehrheit sieht anders aus.

Letztendlich hat es der schwarze Wegner ins Rote Rathaus geschafft, aber er ist zum Start schon angeschlagen. Und die große Koalition, die ohnehin in Deutschland nicht beliebt ist, gleich mit.

Auf diese aber warten große Aufgaben. Berlin braucht ein neues Verkehrskonzept, bezahlbare Wohnungen und endlich eine Verwaltungsreform, die den Gang zum Amt für die Bürgerinnen und Bürger leichter macht. Ein solcher Auftakt bietet keine guten Voraussetzungen für rasche Erfolge. (Birgit Baumann, 28.4.2023)