Foto: Innsbrucker Grüne

Ein alkoholfreies Bier, ein Baby und ein fehlendes Glas: Was davon genau den Eklat am Dienstag letztlich auslöste, ist nicht ganz klar. Doch zumindest der Umstand, dass eine Frau mit Baby an einer Gemeinderatsitzung teilnimmt, hat in Innsbruck schön öfter für Unmut gesorgt.

Vergangenen Dienstagabend kam es schließlich zu einem hitzigen Streit rund um die Innsbrucker Gemeinderätin Janine Bex (Grüne). Die dreifache Mutter hatte ihr knapp drei Monate altes Baby dabei. Sie trug es im Tragetuch, oder es schlief auf ihrem Bauch. Irgendwann entstand eine Unruhe, schildert Bex die Atmosphäre in der Sitzung dem STANDARD. Sie stillte gerade und hatte das alkoholfreie Bier neben sich stehen, als sie diverse Wortmeldungen wahrgenommen habe, zum Beispiel welches Bild das denn abgebe. Sie persönlich habe niemand darauf angesprochen – weder auf das Baby noch auf das Getränk oder das Trinken aus der Flasche.

All das wurde Minuten später zum Inhalt eines lauten Streits, als sich SPÖ-Klubobmann Helmut Buchacher offiziell zu Wort meldete. Er als Opa und Vater finde, das sei ein Bild, das nicht hierhergehöre. Daraufhin stellte Bex klar, dass sie alkoholfreies Bier trinke. Lautstarke Wortmeldungen kamen unter anderem von Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck), der rief: "Eine Frau mit Kind hat im Gemeinderat nichts verloren." Er könne einer Frau nichts anschaffen, entgegnete jemand. Depaoli: "Natürlich kann ich das." Bex beschreibt die Situation als "wildes Durcheinander".

Alkoholfrei macht es nicht besser

Die Sitzung wurde schließlich unterbrochen. Buchacher erzählt dem STANDARD, er habe sich zu Wort gemeldet, weil er nach mehreren Zwischengesprächen auf ein Bild aufmerksam geworden sei, das der SPÖ-Klubobmann so beschreibt: "In ihrer linken Hand das Baby, mit der rechten Hand hat sie vom Bier getrunken." Buchacher betont, es sei ihm überhaupt nicht um das Baby gegangen, sondern, dass da jemand im Gemeinderat sitze und an einer Bierflasche zieht. Da sei es egal, ob Frau oder Mann – jetzt aber "wird die Frauenkeule geschwungen". Das Bild ändere sich auch nicht dadurch, dass es ein alkoholfreies Bier gewesen sei. Bei einer anderen Sitzung, erzählt Buchacher, sei ein Mann mit einer Motorsäge im Gemeinderat gesessen. Über ein solches Verhalten rege er sich auf, "und dazu stehe ich auch", sagt Buchacher.

Doch auch allein die Anwesenheit eines Babys in Sitzungen regte in Innsbruck schon öfter auf, ganz ohne Bierflasche. Bei einer Sitzung im Februar zu Frauenförderprogrammen sagt Gerald Depaoli zu Bex, sie solle sich um ihr Kind kümmern, es gehöre nach Hause. Die jüngste Zuspitzung dieses Konflikts, sei ein "neuer Tiefpunkt", sagt sie. Man wolle Mütter, Frauen und ihre Sichtweisen aus demokratischen Prozess rausdrängen. Sie entscheide je nach Situation, ob sie ihr Kind mitnehmen kann oder nicht.

Karenzanspruch hat sie als Politikerin keinen, ebenso nicht auf Mutterschutz. Lässt man sich beurlauben, hat man in dieser Zeit keine Versicherungsansprüche. Die Innsbrucker Grünen haben jüngst im Gemeinderat einen Antrag für eine Karenzregelung für Gemeinderät:innen und Stadtsenatsmitglieder, die ebenfalls keine Regelung haben, eingebracht. Eine solche fordern die Grünen für Männer und Frauen im Fall von Pflege, Adoption und Geburt.

2019 wurde Bex ebenfalls dafür kritisiert, dass sie ihren Sohn mit in eine Sitzung genommen hatte. Als das Kind etwas quengelte, hieß es, es würde einfach nicht gehen, dass sie das Baby mitnehme.

Antrag für eine Karenzregelung

Ähnlich wie ihr Parteikollege Buchacher begründete auch Irene Heisz (SPÖ) ihre Kritik an Bex bei der jüngsten Gemeinderatssitzung. Sie sprach gegenüber der"Tiroler Tageszeitung" von einem "Mangel eines Mindestmaßes an Manieren". Das habe nichts damit zu tun, ob es ein Mann oder eine Frau sei: Sie hätte sich über jeden biertrinkenden Gemeinderat aufgeregt. Es spiele auch keine Rolle, ob es ein alkoholfreies oder ein alkoholhaltiges Bier sei. (Beate Hausbichler, 28.4,2023)