Die Anzahl der Personen, die unmittelbar nach der Elternkarenz in Bildungskarenz ging, habe sich innerhalb von vier Jahren verzehnfacht, so der Rechnungshof.

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Wien – Der Rechnungshof (RH) kritisiert die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen bei der Bildungskarenz und empfiehlt eine Überarbeitung. Bildungskarenz werde häufig von Personen mit bereits hohem Bildungsniveau genutzt und zunehmend von Frauen an die Elternkarenz angeschlossen. Die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung seien gering und könnten für mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auszeiten genutzt werden, erklärte der RH am Freitag.

"Ziel wäre eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die die Position der Beziehenden auf dem Arbeitsmarkt verbessern", hält das oberste Kontrollorgan in seinem Bericht fest. Bei der Mehrheit habe sich die Einkommenssituation nach der Bildungskarenz nicht verbessert. Der RH gibt zu bedenken, dass der Ausstieg aus der Arbeitstätigkeit ungünstige Effekte auf die Arbeitsmarktposition der Betroffenen haben kann.

Bildungsteilzeit

Besser sei die Beschäftigungsquote nach der Bildungsteilzeit. Dabei wird das Beschäftigungsverhältnis nicht unterbrochen, sondern nur reduziert. 66 Prozent der Beziehenden verdienten drei Jahre nach der Bildungsteilzeit mehr als davor.

Kritik übte der RH daran, dass das derzeitige Gesetz die Art der Weiterbildungsmaßnahme bei der Bildungskarenz nicht definiert und geringe inhaltliche Anforderungen enthält. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz wäre laut Bericht deswegen "im Sinne der Implementierung einer ambitionierten Weiterbildungspflicht als Voraussetzung für den Bezug von Weiterbildungsgeld" zu überarbeiten.

Bildungskarenz nach Elternkarenz

Der RH empfahl als weitere Maßnahmen außerdem, von den Beziehenden der Bildungskarenz und Bildungsteilzeit eine Teilnahmebestätigung der Weiterbildungsmaßnahmen einzufordern. Das sei jetzt nicht immer der Fall, heißt es im Bericht. Zudem könne man zum Antrag auf Weiterbildungs- oder Bildungsteilzeitgeld eine Verpflichtungserklärung einführen, in der etwa Meldepflichten für Kursunterbrechungen festgehalten werden. Aber auch die mögliche Rückforderung des Weiterbildungs- und Bildungsteilzeitgeldes bei Nichterfüllung der Weiterbildungsverpflichtung solle darin enthalten sein.

Ab 2017 sei die Bildungskarenz zunehmend an die Elternkarenz angeschlossen worden. "Am Markt traten verstärkt Kursanbieter auf, die unter dem Slogan 'Baby-Pause-Verlängern' mit der finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln warben", so die Kontrolleure vom RH. Die Anzahl der Personen, die unmittelbar nach der Elternkarenz in Bildungskarenz ging, habe sich innerhalb von vier Jahren verzehnfacht. 99 Prozent der Beziehenden nach der Elternkarenz im Jahr 2021 waren Frauen, in absoluten Zahlen waren das 7.172 Personen.

Reaktion der Neos

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker unterstrich in einer Reaktion die Aufgabe der Bildungskarenz. "Die Bildungskarenz sollte vor allem den Risikogruppen auf dem Arbeitsmarkt dienen, also schlechter qualifizierten und älteren Arbeitnehmern. Sie wurde sicher nicht erfunden, um die Baby-Pause zu verlängern", sagte Loacker in einer Aussendung. Der Staat solle nicht gesuchte Arbeitskräfte mit Versicherungsbeiträgen "aus dem Arbeitsmarkt herauskaufen", so der pinke Sozialsprecher. "In Zeiten einer massiven Personalnot ist das geradezu fahrlässig."

Bildungskarenz seit 1998 möglich

Die Möglichkeit zur Bildungskarenz gibt es seit Jänner 1998. Unselbstständig Beschäftigte können sich zur Aus- und Weiterbildung bis zu ein Jahr freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung gibt es ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist für die Abwicklung zuständig.

Seit die vorausgesetzte Vorbeschäftigungszeit von drei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert wurde, ist die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher stark gestiegen. 2021 haben durchschnittlich rund 14.000 Personen Bildungskarenz bezogen, doppelt so viele wie noch 2010. Die Ausgaben im Jahr 2021 betrugen rund 300 Millionen Euro und waren damit laut Rechnungshof fast dreimal so hoch wie 2010. (APA, 28.4.2023)