In Arrivo: In Kürze eröffnet in der Fußgängerzone der Triester Altstadt das Caffè Sacher Trieste.

Foto: Georges Desrues

Dizzy Alfons (rechts) und sein Lebensgefährte, der Interior-Designer Peter Weisz – Betreiber des neuen Kaffeehauses.

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In dem recht plüschig gestalteten Lokal finden sich auch etliche Elemente, die an das Haupthaus erinnern, darunter viel dunkles Holz und vor allem große Mengen an rotem Samt.

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Tatsächlich ist es dem Team gelungen, das Lokal und seine spektakuläre historische Einrichtung in seiner ganzen ursprünglichen Pracht zu präsentieren, ihm zugleich aber einen einladenden, bisweilen amüsant-schwülstigen Wohnzimmercharakter inklusive Sacher-Wiedererkennungswert zu verpassen.

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Getränke kommen aus einer eleganten Bar, die prominent auf einer Empore und gleich gegenüber dem Eingang steht. Dass der Espresso von einer prestigereichen Triester Rösterei stammt, scheint in der selbsternannten "città del caffè" mehr als stimmig.

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In der ganzen weiten Welt gibt es wohl kaum einen Ort, an dem Wien ein so hohes Ansehen genießt wie im italienischen Triest. In der ehemaligen Hafenstadt des Habsburgerreichs steht der Name Vienna nahezu gleichbedeutend für imperialen Glanz und Pomp, großstädtisches Flair und mondänen Schick. Und erwartungsgemäß für die üblichen Klischees wie Opernball, Lipizzaner und Sachertorte.

Und so fragt man sich, wieso nicht schon früher jemand auf die Idee gekommen ist, im überdies kaffee- und kaffeehausverliebten Triest ein Café Sacher zu eröffnen. "Na ich hab eh auch drei Gin Tonics gebraucht, bis es mir geschossen ist", amüsiert sich Dizzy Alfons. Woraufhin der 55-jährige Unternehmer die Besitzer des Wiener Traditionshotels kontaktierte und mit ihnen einen Franchisevertrag aushandelte.

Flamboyanz im Caffè

Jetzt, nach Monaten der Planung und des Umbaus und wenige Tage vor der Eröffnung, ist das künftige Caffè (sic!) Sacher Stadtgespräch Nummer eins. Und die gespannte Neugier in der Hafenstadt auf dem Höhepunkt. Natürlich sei die innige Liebe der Triester zu ihrer einstigen Hauptstadt ein großes Plus, sagt Alfons. "Schon allein, weil sie einen nicht wie einen Eindringling oder großkopferten Großstädter sehen, sondern das Gefühl haben, dass hier etwas entsteht, das sowieso irgendwie ihnen gehört beziehungsweise Teil ihrer eigenen Geschichte ist", so der gebürtige Wiener, der seit zweieinhalb Jahren selbst in Triest lebt. Und in der – bei allem Respekt – doch einigermaßen provinziell anmutenden Stadt bereits zu einer Art lokaler Berühmtheit avancierte. Was zum einen an seinem fließenden Italienisch liegt. Und zum anderen an seinem kaum übersehbaren Auftreten, zumeist flamboyant gekleidet, mit Zigarillo im Mundwinkel und Hündchen an der Leine.

"Die Liebe der Triester zu ihrer einstigen Hauptstadt ist ein Plus – das Sacher wird als Teil ihrer Geschichte betrachtet" – Unternehmer Dizzy Alfons

Gelegen ist das Caffè in einer Fußgängerzone mitten im geschäftigen Stadtzentrum, dem im 18. Jahrhundert unter Kaiserin Maria Theresia gebauten und nach ihr benannten Borgo Teresiano. Und untergebracht in einem denkmalgeschützten ehemaligen Schuhgeschäft, das von Erich Bernard vom Wiener Architekturbüro BWM-Architekten mit viel Gefühl, Liebe zum Detail und Respekt vor dem Bestand umgebaut wurde. "Das Schuhgeschäft und seine Einrichtung stammen aus 1912 und wurden von einer Wiener Firma ausgeführt, mit höchster Wahrscheinlichkeit nach den Plänen eines Wiener Architekten", sagt mit spürbarer Begeisterung Bernard, der mit seinem Büro bereits für die Neugestaltung des Sacher Eck und des Salon Sacher in Wien verantwortlich zeichnet.

Plüsch und Möpse

Und so finden sich in dem recht plüschig gestalteten Lokal auch etliche Elemente, die an das Haupthaus erinnern, darunter viel dunkles Holz und vor allem große Mengen an rotem Samt. In den raumhohen Regalen, in denen einst die Schuhkartons eingeschlichtet waren, stecken heute die berühmten Tortenschachteln aus Wien. Um die Details der Dekoration, wie etwa Tischlampen mit porzellanenen Mops-Figuren, kümmerte sich Alfons‘ Lebensgefährte, der Interior Stylist Peter Weisz.

Tatsächlich ist es dem Team gelungen, das Lokal und seine spektakuläre historische Einrichtung in seiner ganzen ursprünglichen Pracht zu präsentieren, ihm zugleich aber einen einladenden, bisweilen amüsant-schwülstigen Wohnzimmercharakter inklusive Sacher-Wiedererkennungswert zu verpassen. Man habe einen "salotto" für die Triester schaffen wollen, sagt folgerichtig Neo-Cafetier Alfons.

Kaffeehausklassiker

Was das Essensangebot betrifft, so wird es eher überschaubar bleiben und in erster Linie Kaffeehausklassiker beinhalten, wie sie in ähnlichen Lokalen in Wien und zum Teil in Triest üblich sind. Darunter einige Sacher-Ikonen wie die Würstel, das Kalbsrahmgulasch, den pochierten Lachs auf Aspik oder das russische Ei, aber auch Toast Hawaii, den sich der Chef persönlich ausbedungen hat.

Und zudem gleich mehrere gekochte und luftgetrocknete Schinkensorten sowie Jour-Gebäck aus Wien. "Aperitivo ist freilich ein Thema in Italien, und da wollen wir den Gästen etwas ziemlich Besonderes bieten", sagt Alfons.

Getränke kommen aus einer eleganten Bar, die prominent auf einer Empore und gleich gegenüber dem Eingang steht. Dass der Espresso von einer prestigereichen Triester Rösterei stammt, scheint in der selbsternannten "città del caffè" mehr als stimmig. Bier kommt aus der lokalen Craft-Brauerei Cittavecchia, Weine sowohl von österreichischen als auch lokalen, "restitalienischen" und französischen Gütern. Darunter in erster Linie arrivierte und namhafte wie die Wiener Mayer am Pfarrplatz und Wieninger, die Friulaner Rusiz und Jerman und zudem gleich drei verschiedene Rosés aus der Provence. "Champagner und Sekt beziehungsweise Crémant werden freilich auch fließen", betont Alfons, der selbst ein großer Freund des Sprudelweins ist. Der soll dann auch während der Wintermonate in einer Außenbar im weitläufigen Schanigarten als Begleitung zu den rohen Austern ausgeschenkt werden.

Nostalgie-Nerv

Dass dem Lokal Erfolg beschieden sein wird, ist nahezu gesichert. Was zum einen an der idealen Lage, am prächtig gestalteten Interieur und an der schillernden Persönlichkeit des Wirts selbst liegt. Und zum anderen daran, dass man es verstanden hat, geradezu bravourös den Habsburger-Nostalgie-Nerv der Triester zu treffen. Hinzu kommt, dass der Tourismus in der Stadt in den letzten Jahren extrem angezogen hat. Und Alfons auch kein Hehl daraus macht, die stetig wachsende Zahl an landgehenden Kreuzfahrttouristen anziehen zu wollen, die vor allem in den Sommermonaten durch die Triester Innenstadt geschleust werden.

Sie allerdings sind Teil einer Entwicklung, die bei weitem nicht alle Triester begrüßen. Die Gefahr, dass das Lokal eine reine nostalgieverliebte Touristenabfertigung wird, besteht dennoch nicht. Dagegen sprechen allein schon die Qualitätsansprüche der Betreiber und des Architekten Erich Bernard. Deren größter Verdienst es bleibt, ein architektonisches Kleinod bewahrt und ins Heute gerettet zu haben, das ansonsten durchaus zu einem beliebigen Souvenir-, Fast-Fashion- oder Telefonshop hätte verkommen können. Und das von einer geteilten Liebe und einer langen gemeinsamen Kulturgeschichte zwischen Wien und Triest erzählt. Da spielt es auch keine Rolle, dass – wie zumindest viele Triester meinen – die Sachertorten der lokalen "pasticcerie" das Original aus Wien in Sachen Qualität nicht selten übertreffen. (Georges Desrues, 1.5.2023)