Erdoğan bei einer Rede am 30. April.

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Ankara/Nürnberg – Nach einer krankheitsbedingten Auszeit ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Wochenende wieder in der Öffentlichkeit aufgetreten. Zunächst besuchte der 69-Jährige eine für das türkische Militär wichtige Luftfahrtmesse in Istanbul, danach ging er aggressiv auf Wahlkampftour. Die meisten Umfragen zur Präsidentschaftswahl am 14. Mai sehen Erdoğan derzeit hinter seinem sozialdemokratischen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu, der auch weiter um Wählerstimmen warb.

"Sind wir bereit, einen vernichtenden Sieg einzufahren?", fragte Erdoğan seine Anhänger am Sonntag auf einem riesigen Platz in der Hauptstadt Ankara. "Am 14. Mai wird unser Land sie, so Gott will, von der politischen Bühne entfernen", fügte Erdoğan mit Blick auf Kılıçdaroğlu und dessen Oppositionsbündnis hinzu. In zwei Wochen werden in der Türkei Präsident und Parlament neu gewählt. Erdoğan ist seit 2003 an der Macht, zunächst als Ministerpräsident, später als Staatschef.

Abgebrochenes Live-Interview

"Wie ihr wisst, war ich kürzlich krank, und in allen Häusern haben die Massen für mich gebetet", sagte der 69-Jährige vor einer fahnenschwenkenden Menge in Ankara. In der vergangenen Woche hatte der Staatschef am Dienstagabend ein Live-Interview im Fernsehen abbrechen müssen, was Spekulationen über seinen Gesundheitszustand geschürt hatte. Nach Angaben aus seinem Umfeld litt Erdoğan an einem Magen-Darm-Virus. Mehrere Tage trat er nicht direkt in der Öffentlichkeit auf, sondern zeigte sich nur in zwei Videoschalten.

Am Samstag trat Erdoğan dann bei der Luftfahrtmesse am alten Atatürk-Flughafen von Istanbul erstmals wieder öffentlich auf. Diese gilt nach Angaben Ankaras als "die größte der Welt" und dient der türkischen Militärindustrie zur Präsentation ihrer Flugzeuge und Drohnen. Bei dem Auftritt wurde Erdoğan vom aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und dem libyschen Regierungschef Abdelhamid Dbeibah begleitet.

Wirkte blass, aber ansonsten gesund

Erdoğan sah bei diesem Auftritt blass aus, wirkte aber ansonsten gesund. Der in eine rote Windjacke gekleidete Staatschef lächelte und warf Blumen in die Menge. Bereits bei diesem Auftritt griff er seine üblichen Wahlkampfparolen auf, indem er seine Wahl-Konkurrenten als "Agenten" des Westens darstellte, welche der Türkei schaden wollten. Mit ihren "skandalösen Aussagen" zeigten die Vertreter der Opposition "ihren Hass und Groll", sagte Erdoğan.

Später verkündete der Präsident bei einer Kundgebung in der Großstadt Izmir an der Ägäisküste, dass er seinen Wahlkampf wieder aufgenommen habe. "Es bleiben uns zwei Wochen, und wir werden noch mehr arbeiten, wir werden nicht aufhören", rief er dort seinen Anhängern zu.

Kılıçdaroğlu bei Großkundgebung

Erdoğans Konkurrent Kılıçdaroğlu hielt am Sonntag eine Großkundgebung in Izmir ab. "Diese Wahlen sind Wahlen zum Wiederaufbau unserer Demokratie", rief er der jubelnden Menge zu. "Wir werden diesem Land Frieden bringen, ich werde diesem Land Brüderlichkeit bringen."

Kılıçdaroğlu führt ein Wahlbündnis von sechs Parteien an. Am Freitag rief auch die pro-kurdische HDP, die dem Bündnis nicht angehört, zur Wahl Kılıçdaroğlus auf. Bisher hatte sich die Partei nur stillschweigend hinter den Erdoğan-Herausforderer gestellt, indem sie keinen eigenen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl präsentierte.

Erdoğan-Wahlplakate in Stadt Nürnberg genehmigt

In Nürnberg sind in den vergangenen Tagen Wahlplakate der türkischen AKP von Präsident Erdoğan aufgetaucht und haben für Verwunderung und Kritik gesorgt. Auf den Plakaten ruft Erdoğan türkische Wahlberechtigte auf, bei der Wahl am 14. Mai für ihn zu stimmen. Die Stadt Nürnberg schrieb auf Twitter: "Aufgrund des Wahlkampfes wurden 25 Plakate außerhalb der Altstadt im Rahmen einer Sondernutzung vom 22. April bis zum 5. Mai genehmigt."

Mehrere Medien berichteten über die AKP-Plakate. Im Internet gab es scharfe Kritik an der Entscheidung der Stadt. Telefonisch war die Stadtverwaltung am Montag zunächst nicht zu erreichen. Auf Twitter hieß es von ihr: "Wir sind sowohl im deutschen als auch im ausländischen Wahlkampf neutral. Jeder hat im Rahmen der Gesetze das Recht, Plakate aufzuhängen." Anträge anderer Parteien für eine derartige Plakatierung habe es nicht gegeben. "Auch diese wären genehmigt worden, sofern sich auf den Plakaten kein strafbarer Inhalt befindet." Weiter schrieb die Stadtverwaltung auf Twitter: "Wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind wir verpflichtet, derartige Plakatierungen zu genehmigen, sofern keine strafbaren Inhalte auf den Plakaten zu sehen sind." (APA, red, 1.5.2023)