Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Rahmen eines Treffens mit Angolas Präsidenten Joao Lourenco.

Foto: APA / Robert Jäger

Der von allen Seiten mit Hohn und Spott kommentierte Machtkampf in der SPÖ verleiht den Populisten am rechten und linken Rand einen bedenklichen Auftrieb. Er überschattet aber auch die Tatsache, dass sich in der Außenpolitik der Regierung Blamage an Blamage reiht. Es geht nicht nur darum, dass der Bundeskanzler samt seinem glücklosen Landwirtschaftsminister Afrika während seiner viertägigen Blitzreise nach Angola, Ghana und Ägypten als "den Kontinent der Chancen entdeckt" und nebenbei unangenehme Fragen nach der vierten schweren ÖVP-Niederlage bei einer Landtagswahl vermeidet.

Während Bundeskanzler Nehammer nämlich "die Zusammenarbeit auf Augenhöhe" mit den afrikanischen Regierungen, auch mit der Militärdiktatur al-Sisis in Ägypten, verkündet und für die Kontrolle der Flucht und Migration "Brücken bauen" will, wird Österreich in Brüssel, aber vor allem auch in Bukarest, Sofia, Skopje und Prishtina immer stärker als ein unsicherer Kantonist betrachtet. Also ein Staat, auf den kein Verlass ist, dem man nicht ganz trauen kann.

Unterredung mit Putin

In den siebzehn Monaten der Kanzlerschaft des nach mehreren Jahren im Bundesheer zum Berufspolitiker gewordenen Karl Nehammer gab es eine ganze Serie von sinnlosen oder schädlichen außenpolitischen Aktionen. Es begann mit seiner allgemein kritisierten oder belächelten Moskau-Reise zwei Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in Begleitung des als Berater engagierten Ex-Chefredakteurs der deutschen Bild-Zeitung. Die 75 Minuten lange Unterredung mit Präsident Wladimir Putin, ohne Fotos und ohne eine gemeinsame Pressekonferenz, dürfte eine bizarre Episode als Beispiel für "Brückenbau" ohne einen Partner auf der anderen Seite bleiben.

Es folgte Ende Juli ein Empfang mit militärischen Ehren für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Wien, knapp sechs Wochen bevor das EU-Parlament mit überwältigender Mehrheit Orbáns Regime in Ungarn den Status der Demokratie abgesprochen hat.

Kampagne gegen die EU

Die Kampagne gegen die EU erreichte im November einen vorläufigen Höhepunkt bei einem gemeinsamen Auftritt Nehammers in Belgrad mit gleich zwei Autokraten, Orbán und dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Nicht nur die demokratische Opposition in Serbien und Ungarn, sondern auch viele Österreicherinnen und Österreicher fanden die international verbreiteten Fotos über die drei Männer, wie sie die Hände zum Schwur aufeinanderlegen, schauderhaft.

Schließlich hatte der Bundeskanzler Ende 2022 mit einer einhellig als heuchlerisch und sinnlos verurteilten Ankündigung der Schengen-Blockade von Bulgarien und Rumänien eine der peinlichsten Blamagen in der Nachkriegsgeschichte Österreichs verursacht. Die Verknüpfung der Begründung des Vetos mit den hohen Asylzahlen in Österreich half der ÖVP bei den Landtagswahlen überhaupt nicht. Bei der Spekulation mit der Macht der Angst ist bekanntlich FPÖ-Chef Herbert Kickl dem Kanzler rhetorisch haushoch überlegen.

Ob Nehammer heute, Dienstag, von der rechtspopulistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom nützliche Tipps für die Glaubwürdigkeit seiner Asyl- und Migrationspolitik bekommen wird, muss abgewartet werden. (Paul Lendvai, 2.5.2023)