Vor dem, aber noch nicht im Parlament: Die KPÖ am 1. Mai in Wien.

Foto: HELENA LEA MANHARTSBERGER

Wien – "Wir sind die Arbeiter von Wien" schallte es vom Demowagen am Ring und ein bisschen roter Rauch stieg zwischen ebenso knallroten KPÖ-Fahnen, vereinzelten Regenbogenfahnen, den lila Fahnen der Linken und jenen des Gewerkschaftlichen Linksblocks in den Himmel. "Zwei bis dreimal so viel wie letztes Jahr", so hieß es am Ring von einigen der Organisatoren, gingen am Montagvormittag mit der KPÖ in Wien auf die Straße, rund 2.500 laut Veranstaltern.

Die Stimmung war gut und das nicht nur wegen des sonnigen Wetters. Salzburg war schon beim Treffpunkt vor der Albertina in aller Munde. Dort erzählt Max Veulliet dem STANDARD, wie er im KPÖ-Kernteam beim Wahlkämpfen in Salzburg mithalf. Gegen Ende des Wahlkampfs seien die Attacken der FPÖ immer stärker geworden, man ahnte schon, dass den Blauen für die KPÖ günstige Umfragen vorlagen. FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek habe "bei jeder Rede gegen die KPÖ geredet."

KPÖ als Marke

Rechtsextreme Medien wie der Heimatkurier, der von Identitären gemacht und von der FPÖ mit Werbeeinschaltungen unterstützt wird, hätten zudem verbreitet: "Die KPÖ will zwar leistbare Wohnungen, aber nur für Ausländer". Das habe tatsächlich am Ende noch Stimmen gekostet, glaubt Veulliet. Dass man mit dem Namen Linke mehr geholt hätte, als die über elf Prozent glaubt er aber nicht: "Es gibt tatsächlich eine Abneigung gegen die Begriffe Grün und Links, KPÖ ist eine Marke, die zu nutzen sinnvoll ist, weil sie für Systemkritik steht".

Max Veulliet hat den Salzburger Genossinnen und Genossen im Wahlkampf geholfen.
Foto: Colette M. Schmidt

Er habe Anfragen im Dialogbüro der Partei beantwortet und gemerkt, dass man zu seinen Prinzipien stehen und auch klar sagen müsse: "Wenn Menschen fliehen müssen und sich in Österreich ein neues Leben aufbauen wollen, soll man ihnen da nicht den Weg versperren". Auch in früheren Gemeindesratswahlkämpfen habe man beobachtet, dass man in wirklich bodenständige "Beisln nur mehr mit zwei Parteiennamen hineingehen kann: als FPÖ oder KPÖ." Doch die KPÖ sei nicht ausländerfeindlich und habe trotzdem Stimmen von der FPÖ abzweigen können.

Auch jener Mann, der als wahrscheinlicher Spitzenkandidat der KPÖ für die Nationalratswahl 2024 gehandelt wird, wartet vor der Albertina auf den Aufbruch des Marsches: Bundessprecher Tobias Schweiger.

Wird als Spitzenkandidat für die Nationalratswahl 2024 gehandelt: KPÖ-Bundessprecher Tobias Schweiger.
Foto: Colette M. Schmidt

Er selbst will das so noch nicht stehen lassen: "Wir müssen uns erst schauen, wie wir uns inhaltlich und personell aufstellen werden", sagt er dem STANDARD und erzählt mit Begeisterung von Miet- und Sozialberatungen, die man seit einigen Jahren auch in Wien anbiete. Auch für jene, die in der Pflege arbeiten, wolle man sich voll einsetzen.

Solidarität

Später vor dem Parlament sagt Schweiger, der wie Kai-Michael Dankl gebürtiger Grazer ist, als einer der Schlussredner: "Solidarität braucht ein neues Zuhause und wir können dieses Zuhause sein." Man müsse Politik machen, die mit dem Blick von unten auf die Probleme schaut, sagt Schweiger und erntet begeisterten Applaus, bevor ein Teil den Mai-Aufmarsch in Richtung ÖVP-Parteizentrale in die Lichtenfelsgasse fortsetzt.

"Holen wir uns die Zukunft zurück", war auf einem großen Banner zu lesen. "Keine Profite mit Strom, Gas und Miete" auf einem anderen. In mehreren Reden entlang der dunkelroten Mai-Demo wird der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine zwar scharf verurteilt, dennoch wird für den Beibehalt der Neutralität Österreich eingetreten. Vor der Albertina, unweit des Mahnmals gegen Krieg und Faschismus des Genossen Alfred Hrdlicka, sagt die Bezirksrätin von Margareten, Claudia Krieglsteiner, es sei "der Tag der Solidarität mit Friedensbewegten, wir wollen keine Solidarität üben mit Feldherren, mit Kriegsmännern, mit Staatsmännern, die ihre Leute bis zum letzten Mann und bis zur letzten Frau ins buchstäbliche Feuer schicken". Sie fordert Solidarität mit Geflüchteten und Deserteurinnen und Deserteuren "aller Länder".

Putin nach Den Haag

Ähnlich spricht sich später vor dem Parlament der frühere Bundeschef der KPÖ, Walter Baier, "für den Frieden" und gegen Aufrüstung aus, und: Er wolle Putin vor dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sehen.

Von Bella Ciao bis zur Internationalen wurde viel gesungen vor dem hohen Haus.
Foto: HELENA LEA MANHARTSBERGER

Doch abseits der Weltpolitik will sich die KPÖ in allen Bereichen aufstellen. Franz Braun, ein Wiener Künstler, der seit fünf Jahren jeden ersten Mai die 80 bis 90 Jahre alte Traditionsfahne des Bezirks Margareten trägt, gründete etwa vor einem Jahr die Aktion Kommunistischer KünstlerInnen. Das ist eine Arbeitsgruppe, die versuche, "Kunst und Kultur für die Partei und das Parteiprogramm aufzuarbeiten". Es gehe um "Barrierefreiheit in der Kunst" für alle, die Kunst schaffen und jene, die Kunst konsumieren wollen. Denn Kunst solle nichts Elitäres sein, "der kreative Ausdruck ist eigentlich etwas Menschliches, das für ein ausgeglichenes Leben wichtig" sei, erklärt Braun am Ring.

Schwere rote Fahne

Als der STANDARD den Mann mit der schweren samteneren, Gold bestickten Fahne am Ende wieder trifft, hält er sie genau vor dem Parlament in den Wind. "Völker hört die Signale", singen die Genossinnen und Genossen um ihn herum die Internationale.

Künstler Franz Braun mit der Traditionsfahne von Margareten.
Foto: HELENA LEA MANHARTSBERGER

Es darf angenommen werden, dass viele von ihnen hoffen, auch ins Hohe Haus einziehen zu können und nicht nur davor zu singen.

Josef, ein älterer Herr in einem schwarzem T-Shirt, auf dem ein weißen Gespenst mit Hammer und Sichel zu sehen ist, fragt den STANDARD, ob man wisse, warum er ein Gespenst auf dem T-Shirt habe. Genau, wegen des ersten Satzes aus dem Manifest der Kommunistischen Partei aus dem Jahr 1848, lächelt er: "Ein Gespenst geht um in Europa." (Colette M. Schmidt, 1.5.2023)